Rom - Italiener sind als Nesthocker bekannt. Laut jüngsten Statistiken bleiben viele "Kinder" auch noch im Alter von 40 Jahren und darüber im Elternhaus.

Renato Brunetta, Minister für öffentliche Verwaltung will den Müttersöhnen und -töchtern nun den Kampf ansagen. Der Minister forderte ein Gesetz, nach dem alle jungen Leute mit 18 Jahren spätestens das Elternhaus verlassen sollen. Er selber sei ein Beispiel dieser "Kinder". "Ich habe mit 30 Jahren das Elternhaus verlassen und war bis dahin nicht einmal in der Lage, mir mein Bett zu machen. Darüber habe ich mich geschämt", erklärte Brunetta.

"Die jungen Italiener sind die Opfer eines sozialen Systems, für das sie ihre Eltern verantwortlich machen. Es gibt Nesthocker, weil man nur den Eltern Garantien gibt. Die Eltern bewahren ihre Privilegien", meinte Brunetta. Der Minister kritisierte ein Gericht der lombardischen Stadt Bergamo, das den Vater einer 32-Jährigen verurteilt hat, weiterhin den Lebensunterhalt für seine Tochter zu zahlen, die noch immer nicht ihr Universitätsstudium abgeschlossen hat. Der 60-jährige Mann war von seiner Tochter geklagt worden, nachdem er sich geweigert hatte, noch länger für ihren Unterhalt aufzukommen.

Hälfte der Italiener von 18 bis 39 Jahren leben bei den Eltern

Die Hälfte der Italiener im Alter von 18 bis 39 Jahren lebte im Jahr 2007 noch bei Mutter und Vater. Von jenen, die 2003 angekündigt hatten, das Elternhaus verlassen zu wollen, hatten es bis zum Jahr 2007 nur 53,4 Prozent geschafft, geht aus der jüngst veröffentlichten Studie des Statistikamts Istat hervor. 43,7 Prozent der Italiener verlassen das Elternhaus, weil sie heiraten. 11,8 Prozent weil sie mit einem Partner zusammenziehen. Nur 8,8 Prozent gehen aus beruflichen Gründen weg.

Desinteresse an der Ehe

Vor allem Männer haben Schwierigkeiten, das Elternhaus zu verlassen. 40 Prozent der Männer im Alter zwischen 30 und 34 Jahren leben noch zu Hause. Das Phänomen der "Mammoni", der Muttersöhne, ist in Italien Gegenstand lebhafter Diskussionen. Auch viele junge Frauen sind Nesthockerinnen, obwohl sie finanziell selbstständig sind. Viele leben bei Mama und Papa, obwohl sie eine Beschäftigung haben. Als Gründe nennen Forscher die hohen Mieten in Italien und das Desinteresse an der Ehe.

Die "Nesthocker-Generation" sei ein Problem für die Entwicklung des Landes, warnen Demografen. Nicht nur Probleme bei der Suche nach Arbeit und einer Wohnung erschweren die Trennung von den Eltern. Auch kulturelle Faktoren spielen eine Rolle.

Nur 28 Prozent der Befragten erklärten, sie hätten den Wunsch, sich von den Eltern unabhängig zu machen. In Norditalien liegt dieser Prozentsatz bei 38,4 Prozent. 47,8 Prozent der Befragten erklärten, sie könnten aus finanzielle Gründen nicht auf das Elternhaus verzichten. 44,8 Prozent meinten jedoch, das Leben bei den Eltern sei angenehm, weil sie genügend Freiheit hätten. (APA)