Tokio - Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor einer zweiten Rezession in den Industrieländern. Sollten Regierungen und Notenbanken ihre Konjunkturhilfen zu früh beenden, drohe ein Rückfall in die Krise, sagte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn am Montag in Tokio. "In den Industriestaaten verläuft die Erholung zögerlich", sagte Strauss-Kahn. "Wir müssen vorsichtig sein." Erst wenn die Beschäftigung wieder steige und die private Nachfrage anziehe, sollten die Konjunkturstützen nach und nach abgebaut werden.

Auch IWF-Europachef Marek Belka sprach sich angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit und der schlechten Kreditversorgung kleinerer und mittlerer Unternehmen gegen einen baldigen Ausstieg aus den Konjunkturhilfen aus. "Wir stehen nicht mehr am Abgrund, der sich Anfang 2009 aufgetan hatte", sagte Belka in London. "Aber es ist noch nicht sicher, ob wir schon festen Boden erreicht haben."

"Holpriger Aufschwung"

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ebenfalls vor einem holprigen Aufschwung gewarnt. "Wir haben die Rezession überwunden, aber die Erholung wird schwierig und in mancher Hinsicht chaotisch", sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Die EZB hat ihren Leitzins ebenso wie die anderen führenden Zentralbanken wegen der Krise auf ein Rekordtief gesenkt und hunderte Milliarden Euro in die Wirtschaft gepumpt.

Flankiert wurden diese Maßnahmen durch Konjunkturprogramme der Regierungen. Allein die Bundesregierung gibt etwa 80 Mrd. Euro aus - von der Abwrackprämie bis zu Investitionen in die Infrastruktur.

Werden diese Hilfen zu früh beendet, könnten enorme Schäden entstehen, warnte Strauss-Kahn. Bei einem erneuten Abschwung könnten die Staaten - die sich im Kampf gegen die schwerste Rezession der Nachkriegszeit stark verschuldet haben - nicht noch einmal so aggressiv dagegen vorgehen. "Es wäre sehr schwierig, neue Werkzeuge zu finden", sagte der IWF-Chef.

Der IWF rechnet für 2010 bisher mit einem Wachstum der Weltwirtschaft von 3,1 Prozent. Strauss-Kahn deutete an, dass die Erholung auch kräftiger ausfallen könne - vor allem wegen des Aufschwungs in den asiatischen Schwellenländern. China könne in diesem Jahr voraussichtlich an die vor der Krise erzielten Wachstumsraten anknüpfen. (APA/Reuters)