Eine Meldung aus dem Asylbereich, die im Vergleich zu den Meldungen über die derzeitige Causa Prima Eberau unauffällig wirkt, wirft bei näherem Anschauen ein erhellendes Licht auf den Umgang mit Flüchtlingen und anderen "Fremden". Aber nur, wenn man über wichtige Zusatzinformationen verfügt, die eine realitätstaugliche Sicht auf den umkämpften und vielfach missbrauchten Politikbereich Asyl ermöglichen, statt vorgekauter Vorurteile oder zielloser Emotionalisierung.

2176 freiwillige Rückkehrer - Asylwerber, die freiwillig dorthin zurückkehren, woher sie gekommen sind, nachdem ihr Asylverfahren in Österreich negativ beschieden wurde oder sie es aus eigenen Stücken zurückgelegt haben - habe es 2009 gegeben; das seien um 55 Prozent mehr freiwillige Rückkehrer als 2008, verkündete der Verein Menschenrechte Österreich vor wenigen Tagen. Trotz des sachlichen Nachrichtenstils wurde nicht verhehlt, dass dies als Erfolgsmeldung zu betrachten sei. "Mit der Rückkehrberatung bieten wir Asylwerbern einen würdevollen Ausstieg aus einem aussichtslosen Asylverfahren an und können neben den Flug- und Dokumentenkosten eine Starthilfe bis zu maximal 370 Euro mit auf den Weg geben", wird Verein-Menschenrechte-Geschäftsführer Günter Ecker zitiert.

Was nicht mit dazugesagt wird: Die genannten "würdevollen Ausstiege" fanden zu einem beachtlichen Teil aus der Schubhaft heraus statt: einem Ort, der - wie bekannt und vielfach kritisiert - ein Gefängnis mit schlechteren Haftbedingungen als die Haftanstalten für verurteilte Straftäter ist. Sowie: einem Ort, wo es keine Rechtsberatung gibt. Sondern eben nur - Rückkehrberatung. Auch den im schönen Österreich zahlreichen Vertretern der Ansicht, dass "Asylwerber" und "Asylmissbraucher" synonym zu verwenden sind, sei gesagt: Die nur einseitige Beratung in der Schubhaft birgt das Risiko, dass einer oder eine, der/die daheim mit schweren Repressalien zu rechnen hat, sich breitschlagen lässt und sich mit einer Rückkehr in Gefahr begibt.

Man stelle sich vor: Da hat jemand eine Asylablehnung bekommen, jetzt ist er oder sie eingesperrt, ohne etwas verbrochen zu haben. An einen Anwalt von draußen, um vielleicht Berufung einzulegen, ist schwer zu kommen (man muss draußen jemand kennen, der für einen Anwaltkontakt sorgt). Aber man kann sich zur "freiwilligen Rückkehr" entschließen, dann besteht immerhin die Chance, dass man bald aus dem Gefängnis herauskommt - auch wenn man damit vielleicht in eine Falle geht.

So eine Entscheidung wäre eine falsche Entscheidung. Also müsste in Schubhaft, neben der Rückkehrberatung, dringend auch unabhängige Rechtsberatung angeboten werden. Alles andere ist eines Rechtsstaates unwürdig. Aber die Reise geht leider in die entgegengesetzte Richtung: Mit Beginn 2010 wurde Caritas, Diakonie und Volkshilfe, die es - anders als der Verein Menschenrechte - im Rahmen ihrer Schubhaftbetreuung auf sich genommen hatten, Schubhäftlingen Kontakte zu Rechtsberatern zu legen, fast alle Schubhaftbetreuungsverträge vom Innenministerium aufgekündigt.

Irene.Brickner@derStandard.at