Seit vielen Jahren wird in Niederösterreich über die Veranlagung der Wohnbaugelder des Landes gestritten. Nun gibt ein Rohbericht des Rechnungshofes den Kritikern des im Jahr 2002 eingegangenen Deals, die vor allem in SPÖ und FPÖ zu finden sind, neue Munition.

Die Überprüfung durch den Rechnungshof war im Oktober 2008 vom Landtag einstimmig beschlossen worden. Und dieser spart laut mehreren Medienberichten nun nicht mit Kritik an der Vorgangsweise des Landes: zu wenig Ertrag, zu teure Manager, zu wenig Information.

"Notfallplan unverzüglich entwickeln"

Laut dem Rohbericht habe die Performance die festgelegten Ergebnisziele 2002 bis 2008 - bei einer veranlagten Summe von 4,38 Milliarden Euro - um knapp eine Milliarde Euro unterschritten. Auch die Zielrendite von fünf Prozent hätten alle vier Fonds deutlich verfehlt. Die Finanz- und Beteiligungsgesellschaft (FIBEG) habe sich weit von der ursprünglichen Veranlagungsstrategie entfernt, ohne die Entscheidungsträger des Landes in Kenntnis zu setzen. Nicht zuletzt hätte das Land keine klare Strategie für Finanzcrashs: "Ein Notfallplan sollte unverzüglich entwickelt werden."

Weitere Kritikpunkte: 38 Prozent "Alternative Investments" seien ein zu hoher Anteil für die öffentliche Hand. Außerdem habe bei der Anlagenstrategie die Ertragsmaximierung, nicht aber das Risikopotenzial dominiert.

Goutiert wird vom Rechnungshof laut Berichten von "Kurier" und "Österreich", dass das Land 2009 die Rahmenbedingungen für die Veranlagung grundlegend überarbeitet und der Landtag seither mehr Mitspracherecht habe. Es werde daher auch nicht zum Ausstieg aus den Geldgeschäften geraten. Das Land solle die Veranlagung vielmehr auf Basis der neuen Spielregeln aus 2009 weiterführen.

SPÖ: "Schwerer Schaden für das Land"

SPÖ und FPÖ sahen sich daraufhin in ihrer Kritik an Finanzlandesrat LHStv. Wolfgang Sobotka (ÖVP) bestätigt. Der Rechnungshofbericht müsse sofort allen Mitgliedern der NÖ Landesregierung vorgelegt werden, betonte SP-NÖ-Chef LHStv. Sepp Leitner. Für ihn stehe fest, dass dem Land "schwerer Schaden entstanden" sei. Ein Fehlbetrag von einer Mrd. Euro sei "eine Größenordnung, die sich durch Selbstüberschätzung der Verantwortlichen sowie Vernachlässigung von Kontrolle und Mitsprache manifestiert hat". Statt auf Sicherheit zu setzen, seien Risiken eingegangen worden, "die seitens des Landtags niemals autorisiert wurden". Leitner forderte einmal mehr einen Rückzug aus den Spekulationsmärkten.

Die Befürchtungen hätten sich bestätigt, Sobotka habe eine Mrd. Euro Steuergeld "verzockt", reagierte FPÖ-Klubobmann Gottfried Waldhäusl. Die Freiheitlichen hätten schon vor mehr als einem Jahr "auf die vielen Ungereimtheiten bei den Veranlagungen der NÖ Wohnbaugelder hingewiesen".

Grüne: "Unverschämtheit" Sobotkas

Von Seiten der nö. Grünen hieß es, die Spekulationsverluste seien nicht neu, "lediglich die Summe hat neue Höhen erklommen". Dass ein Ausstieg aus dieser Misere die Steuerzahler noch teurer käme, liege auf der Hand. Der Empfehlung, die Veranlagungen weiterzutragen, sei daher Folge zu leisten, so LAbg. Helga Krismer.

Der "eigentliche Skandal" ist für die Finanzsprecherin der Grünen die "Unverschämtheit gegenüber der Bevölkerung Niederösterreichs", die Sobotka an den Tag lege. Die Bürger hätten ein Recht darauf zu erfahren, was mit ihrem Steuergeld passiere. Dem Landtag sei jedoch nur ein nicht einmal drei Seiten langer "Alles-ist-gut-Bericht" über die Veranlagungen vorgelegt worden, in dem "keine einzige Zahl" angeführt werde. Das sei keine Information, sondern "eine Verhöhung des Landtags, der Bevölkerung Niederösterreichs und des demokratischen Systems", wetterte Krismer.

Sobotka: Kritikpunkte längst bekannt

Aus dem Büro Sobotkas hieß es, die wesentlichen Kritikpunkte im Bericht seien bekannt. Die Prüfer hätten bei der Analyse des möglichen Gewinns außer Acht gelassen, dass jährlich 150 Mio. Euro aus der Veranlagung direkt ans Land fließen. Daher sei es "erfreulich, dass der Rechnungshof empfiehlt, den Weg der Veranlagung fortzusetzen".

ÖVP-Landesgeschäftsführer Gerhard Karner bemerkte zu Leitners Forderung, den Rohbericht allen Mitgliedern der Landesregierung vorzulegen, an, dass Rechnungshof-Rohberichte "der Amtsverschwiegenheit unterliegen". Erst nach Stellungnahme der zuständigen Finanzabteilung würden entsprechende Berichte übermittelt. (APA/red)