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ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf will mit dem Transferkonto den "negativen Leistungsanreiz" beheben.

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Wien - Vor dem bedeutungsvollen Motto "Leistung für Österreich" , das auf dem blau getönten Hintergrundplakat in der Parteizentrale prangte, präsentierte die ÖVP am Montag einen Dummy für ihr "Transferkonto" , auf dem künftig alle staatlichen Transfers ausgewiesen werden sollen.

Klubchef Karlheinz Kopf und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner illustrierten anhand einer mit dem Bundesrechenamt konstruierten Attrappe rechtzeitig vor der parlamentarischen Enquete zur Verteilungsgerechtigkeit morgen, Mittwoch, die von Parteichef Josef Pröll bei seiner Rede zur Lage der Nation vorgestellte Konto-Innovation.

Es wäre eine Art Online-Banking. Nach dem technischen Vorbild von "Finanz online" würden alle Bürgerinnen und Bürger auf einer Internetseite (z. B. transferkonto.gv.at) mit einem persönlichen Code Zugang zu ihrem individuellen Transferkonto haben. Dort wäre dann das verfügbare Einkommen pro Person oder Haushalt, falls sich Partner einloggen, ausgewiesen und jede/r könnte sehen, "wie viel vom Haushaltseinkommen selbst verdient wurde und wie viel vom Staat durch Transfers kommt" , erklärte Kopf. Also zum Beispiel Familien-, Schul- oder Studienbeihilfe, diverse Landes- und Gemeindeleistungen wie Familienurlaubsaktionen oder Kinderförderungen. Kopf: "Das führt wahrscheinlich zu manchem Aha-Effekt."

Um die gewünschte Erhöhung der Treffsicherheit zu erreichen, soll das Transferkonto auch zeigen, "welche Ansprüche der Einzelne noch geltend machen kann" , ergänzte Mitterlehner. "Antrag stellen" würde dann neben dem jeweiligen Transferposten stehen.

Die Politik könnte auf Basis der anonymisierten statistischen Verteilungsdaten "Entscheidungsgrundlagen" bekommen. Etwa zur Entschärfung von "Schwelleneffekten" , die oft "leistungshemmende Wirkung" hätten.

Der niederösterreichische Landeshauptmannstellvertreter Wolfgang Sobotka (er kommt aus dem Arbeitnehmerbund ÖAAB) geht im Standard-Gespräch davon aus, dass man bei vielen staatlichen Leistungen von starren Schwellen abgehen und zu Einschleiflösungen kommen müsse: Es dürfe nicht sein, dass jemand, der einen Euro mehr als die Grenze verdient, durch den Wegfall einer Förderung bestraft werde.

Darüber hinaus gibt Sobotka zu bedenken, "dass wir ja nicht nur aus Humanität und Nächstenliebe Förderungen vergeben, sondern auch, um die Gesellschaft vor noch höheren Folgekosten zu bewahren" . Wenn ein junger Mensch durch seine Arbeitslosigkeit jede Perspektive verliere, seien die Folgekosten über Jahrzehnte höher, als wenn man sofort Geld in die Hand nehme, um ihn beruflich zu integrieren.

Aber auch die Behörden brauchten das Transferkonto, denn sie wüssten vielfach nicht, ob Anspruchsvoraussetzungen aktuell noch gegeben seien oder umgekehrt neu aufgetreten sind, sagt Sobotka.

Während das BZÖdas Transferkonto begrüßte, hält SPÖ-Klubobmann Josef Cap gar nichts davon: "Es wurde beim Mittelstand und bei den kleineren Einkommen vom Finanzministerium bereits alles durchleuchtet, was zu durchleuchten ist." Unternehmer dagegen würden gerne Subventionen nehmen, aber auf das Steuerzahlen "vergessen" .

"Millionärs-Nacktscanner"

SPÖ-Finanzsprecher Kai-Jan Krainer wünscht sich überhaupt einen "Millionärs-Nacktscanner" : Wer ein Vermögen über einer Million besitze, müsse stärker in Anspruch genommen werden, wenn es um Verteilungsgerechtigkeit geht. Die SPÖ hat vor allem Kapitaleinkommen und bäuerliche Einkommen im Visier.

Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch hält dagegen, dass seit 23. Juni 2008 alle Agrarsubventionen im Internet abrufbar sind - "das sollte auch bei den übrigen Transferleistungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kein Problem sein" . Mit der Ausweisung von Subventionen für Unternehmen (in einem späteren Schritt) hätten auch Mitterlehner und Kopf "kein Problem". (Lisa Nimmervoll, Conrad Seidl/DER STANDARD-Printausgabe, 19. Jänner 2010)