Rom - Der Korruptionsprozess gegen den italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi ist am Montag in Mailand fortgesetzt worden. Obwohl seine Rechtsanwälte versichert hatten, dass der Premierminister am Montag vor Gericht erscheinen würde, zeigte sich der Premierminister nicht. Seine Verteidiger verlasen einen Brief, in dem Berlusconi berichtete, dass er wegen unerwartet dazugekommenen Terminen in Zusammenhang mit seinen Pflichten als Regierungschef nicht an der Gerichtsverhandlung teilnehmen könne.

Dabei hatten die Verteidiger erst vor wenigen Wochen betont, dass Berlusconi fest entschlossen sei, an allen künftigen Gerichtsverhandlungen in Mailand teilzunehmen. Sie hatten behauptet, dass der Regierungschef im Jänner in der Lage sei, jeden Montag an den Gerichtsverhandlungen teilzunehmen, sagten seine Rechtsanwälte. "Berlusconi schwindelt wieder", kommentierte der Oppositionspolitiker Antonio Di Pietro.

Über ein Jahr lang stand Berlusconi unter dem Schutz eines umstrittenen Immunitätsgesetzes, das ihm Straffreiheit gewährte. Nachdem das Verfassungsgericht das Gesetz im Oktober für rechtswidrig erklärt hatte, muss sich Italiens Premierminister und Medienunternehmer jetzt wieder vor Gericht verantworten. Der Korruptionsprozess in Mailand war im November wieder aufgenommen worden.

Bei dem Verfahren geht es um den Verdacht des Betrugs und der Unterschlagung beim Kauf von Filmrechten für Berlusconis Medienkonzern Mediaset in den 1990er Jahren. Dem Medienunternehmer und rund einem Dutzend Mitangeklagten werden unter anderem Bilanzfälschung und Steuerbetrug vorgeworfen. Angeklagt ist auch Mediaset-Präsident Fedele Confalonieri. Mediaset soll Filmrechte über Firmen in Steueroasen gekauft haben. Den italienischen Finanzbehörden sollen überhöhte Kaufpreise angegeben worden sein, um Steuern zu sparen.

Weiterer Prozess wegen Bestechung

Ein weiterer Prozess gegen Berlusconi wird am 27. Februar wieder fortgesetzt. Die Mailänder Staatsanwaltschaft wirft dem Premier vor, dem britischen Anwalt David Mills im Jahr 1997 600.000 Dollar (402.091 Euro) für Falschaussagen in Prozessen gegen sein Mediaset bezahlt zu haben. Beide Männer haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Mills war von einem Mailänder Gericht im vergangenen Oktober in zweiter Instanz zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Über den Mailänder Staatsanwälten, die die Prozesse gegen Berlusconi führen, hängt ein Damoklesschwert. Die Regierungskoalition diskutiert im Senat einen Gesetzentwurf zur Verkürzung von Gerichtsverfahren. Der aus drei Artikeln bestehende Entwurf sieht vor, dass Prozesse in allen drei Instanzen insgesamt maximal sechs Jahre dauern dürfen. Ein Prozess soll bereits zwei Jahre nach Beginn des erstinstanzlichen Verfahrens verjähren, wenn es um Vergehen geht, die mit maximal zehn Jahren Haft bestraft werden. Sollte das Gesetz verabschiedet werden, könnten beide Prozesse gegen den Premierminister als verjährt erklärt werden. (APA)