Göttingen - Während der Schwangerschaft kommt es bei etwa zwei Drittel der Patientinnen zu einer Besserung ihrer Migräne, bei manchen Patientinnen bleiben die Attacken sogar ganz aus. Dies trifft besonders nach dem dritten Schwangerschaftsmonat zu. Möglicherweise beruht die Besserung auf hormonell bedingten Änderungen der Aktivität der Hirnrinde, teilt die Deutsche Migräne- und Kopfscherzgesellschaft (DMKG) mit.
Die Gehirnrinde von Migränepatienten reagiert vor einer Migräneattacke auf stets wiederkehrende Reize anders als die von Menschen, die nicht an Migräne leiden: Sie können wiederkehrende Reize schlechter "ausblenden". Bei einer verminderten Ausblendung (kortikaler Habituation) kann schon ein regelmäßig tickender Wecker bei Nacht stören. Reagiert die Hirnrinde normal, blendet sie das Ticken des Weckers einfach aus und das Geräusch wird als weniger störend empfunden.
Wissenschaftler aus Kiel und Rostock haben nun untersucht, ob mit der verminderten Häufigkeit von Migräneanfällen in der Schwangerschaft auch eine Normalisierung der Aktivität in der Hirnrinde einhergeht.
Weniger Migräneanfälle während der Schwangerschaft
"Oft berichten Frauen, die unter Migräne leiden, dass sie ab dem zweiten Drittel der Schwangerschaft deutlich weniger Migräneanfälle als gewöhnlich erleiden. Es ist auch bekannt, dass Migränepatienten im schmerzfreien Intervall zwischen zwei Migräneanfällen eine verminderte kortikale Habituation aufweisen", sagt Peter Kropp, Mitglied des Forscherteams und Vizepräsident der DMKG. Das heißt, in dem Intervall reagieren Migränepatienten im Gegensatz zu gesunden Menschen länger und intensiver auf unbedeutende Reize wie zum Beispiel Geräusche.
Um die elektrischen Hirnaktivität bei Schwangeren zu messen, führten die Wissenschaftler mit Hilfe eines Elektroenzephalographen (EEG) Untersuchungen bei schwangeren Migränepatientinnen und schwangeren Gesunden durch. Außerdem wurden nicht-schwangere gesunde Frauen und zwölf nicht-schwangere Migränepatientinnen untersucht. Die Wissenschaftler stellten fest, dass sich die schwangeren Migränepatientinnen im letzten Schwangerschaftsdrittel nicht von der Gruppe der Gesunden unterschieden. Dagegen waren vier Wochen nach der Entbindung bereits wieder deutliche Unterschiede zu messen. Ein Grund für die verbesserte kortikale Habituation während der Schwangerschaft dürfte darin liegen, dass während der Schwangerschaft weniger Schwankungen der Hormonspiegel auftreten als während des monatlichen Zyklus. (red)