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Schafft Karl/Karel Schwarzenberg mit seiner neuen Partei den Spagat zwischen Idealismus und Pragmatismus, ist ihm ein Platz nicht nur unter Böhmens Heiligen sicher.

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Das Wappen des Hauses Schwarzenberg. Wahlspruch: Nur das Rechte!

Graphik: Standard

Sollte sie die Kommunisten von Platz drei verdrängen, wäre das ein Erfolg von großer Tragweite.

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Erst im November des Vorjahres gegründet, liegt die konservativ-liberale Partei Top09 von Karl/Karel Schwarzenberg in Umfragen bereits an dritter Stelle hinter den Sozialdemokraten und der rechtsliberalen Demokratischen Bürgerpartei. Sollte "der Fürst", wie Schwarzenberg in Tschechien landauf, landab genannt wird, tatsächlich das Kunststück schaffen, die unreformierten Kommunisten bei den heurigen Parlamentswahlen von ihrem bisher quasi gepachteten dritten Stockerlplatz zu stoßen, wäre das ein Erfolg an sich: Die Wahrscheinlichkeit einer direkten oder indirekten kommunistischen Regierungsbeteiligung würde sich damit verringern.

Hinter dem Kürzel Top verstecken sich die tschechischen Wörter für Tradition, Verantwortung und Wohlstand. Dementsprechend profiliert sich die Partei als proeuropäische Gruppierung, der jegliche Form von Populismus fernliegt. Sie steht damit für vieles, was nicht nur in einem Land wie Tschechien kaum populär werden kann: vor allem eine konsequente Budgetsanierung, die zwangsläufig mit einer Kürzung der Staatsausgaben einhergehen muss. Zugleich lehnt sie die von der Linken verlangte Wiedereinführung eines progressiven Steuersystems ab.

Schwarzenberg ist das wichtigste Aushängeschild der Partei, gleichzeitig gilt er vielen Tschechen als eine Art personifizierte Garantie, dass dieses neue Parteiprojekt nicht, wie schon viele zuvor, an inneren Widersprüchen oder der politischen Wirklichkeit scheitert - vielleicht auch, weil er in gewisser Weise als Brückenbauer zwischen einem idealistischen und einem pragmatischen Zugang zur Politik gesehen wird.

Lange Jahre waren Gesellschaft und Politik in Tschechien in zwei feindliche Lager geteilt: die Idealisten mit dem früheren Bürgerrechtler und späteren Präsidenten Václav Havel an der Spitze; und die Pragmatiker, angeführt vom langjährigen Premier und heutigen Staatsoberhaupt Václav Klaus.

Beide Lager galten als unversöhnlich. Schwarzenberg versucht mit seiner Partei eine Art Synthese. Wegen seiner persönlichen und auch ideellen Nähe zu Havel, dessen Kanzleichef er in den frühen 1990er-Jahren war, kann man ihn als einen Mann Havels bezeichnen. Gleichzeitig ist er aber Realist und vielleicht auch Pragmatiker genug, um im Gegensatz zum früheren Präsidenten zu wissen, dass es einer klassischen politischen Partei bedarf, wenn man es in Tschechiens öffentlichem Leben mit der Verwirklichung seiner Ideale ernst meint.

Ausdruck dieser Haltung ist auch das Bündnis Schwarzenbergs mit dem Ex-Finanzminister und früheren Chef der Christdemokraten Miroslav Kalousek. Dieser kluge Taktiker und Stratege - wohl einer der wenigen in Tschechien, die in dieser Disziplin Václav Klaus das Wasser reichen können - ist der eigentliche starke Mann von Top09.

Mit Arnie verwechselt

Jedenfalls könnte der Kontrast zu den frühen 90er-Jahren, als es an den tschechischen Stammtischen nur Hohn und Spott für den Mann gab, der von Wien nach Prag kam, um dort für Präsident Václav Havel zu arbeiten, größer nicht sein. Im Idealfall wurde Schwarzenberg mit Arnold Schwarzenegger verwechselt. Während Arnold mit seinen Muskeln imponierte, sorgte des Fürsten antiquiertes Tschechisch für Gelächter. Auch seine Bemühungen, das von den Kommunisten konfiszierte Eigentum zurückzuerhalten, brachten Schwarzenberg nicht unbedingt Sympathiepunkte ein.

Auch heute versuchen politische Gegner, "den Fürsten" als "vom Volk abgehoben" darzustellen. Weitaus wesentlicher scheinen jedoch Probleme anderer Art zu sein, denn der kometenhafte Aufstieg der Partei macht ihr mittlerweile ziemlich zu schaffen. Gegen Jahresende wurde sogar ein Aufnahmestopp für neue Mitglieder verhängt, weil man befürchtete, dass zwielichtige Gestalten versuchen könnten, die junge Partei zu unterwandern und ihr entweder die Aura einer von Skandalen unberührten Gruppierung zu nehmen oder die bisherigen Mehrheitsverhältnisse in ihren Gremien auf den Kopf zu stellen.

Es besteht noch eine weitere Gefahr, nämlich dass der Partei das gleiche Schicksal widerfährt, wie den Grünen, die vor wenigen Jahren ebenfalls raketenhaft den tschechischen Polit-Himmel eroberten und inzwischen ums Überleben kämpfen. (Robert Schuster aus Prag/DER STANDARD, Printausgabe, 19.1.2010)