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Landeshauptmann Dörfler, Kärntner Parteichef Scheuch: "Je schlechter ihr über uns schreibt's, desto besser für uns."

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"In den vergangenen vier Wochen habe ich gelernt, wie schmerzhaft all die Prügel der Medien sind." Scheuch sieht sich am Parteitag als Opfer.

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Scheuch und die Medien - ein nicht gerade entspanntes Verhältnis.

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Klagenfurt - Uwe Scheuch lacht wie ein Lausbub. Ein Delegierter überreicht ihm einen 80 Jahre alten Eispickel. Kurt Scheuch, der Bruder, sagt, das Dritte Lager werde neue Gipfel erklimmen, "wir werden dem Gegenwind trotzen". Die ganze Szene auf dem Podium, vor 350 Delegierten. Kärntner Fahnen wehen, Bussi von Gattin Jutta, 90,15 Prozent. Uwe Scheuch weiß sich am Ziel, Kärnten ist blau.

"Die Weltpresse hat genug gesehen, ich gehe jetzt", murmelt der ältere deutsche Kollege neben mir. Wir sitzen rechts hinten im Klagenfurter Konzerthaus. Den ganzen Tag über haben uns die Redner mit Spott, die Delegierten mit argwöhnischen Blicken bedacht. Wir, das sind die 60 akkreditierten Reporter am freiheitlichen Parteitag. "Ich werde das für Sie auf Hochdeutsch übersetzen", verhöhnt Landeshauptmann Gerhard Dörfler in seiner Rede die aus Wien angereisten Journalisten. Manche Delegierten drehen sich zu uns um und lachen auffällig laut. Andere versuchen böse dreinzuschauen.

"Gutmenschen" und "Drogendealer"

Der Tag beginnt für uns mit einer Niederlage. Wir holen die Akkreditierung um neun Uhr früh, zwei Stunden bevor der Parteitag beginnt. Dann hinein in den Festsaal, doch ein junger BZÖ-Mitarbeiter (in wenigen Stunden wird er FPK-Mann sein) schmeißt uns wieder hinaus. "Einlass ist erst um zehn." Für ORF-Redakteure gilt das freilich nicht.

Der Kaffee im Foyer des Konzerthauses ist so dünn wie die Chancen von Josef Bucher, dem BZÖ-Obmann. Die Delegierten sitzen alle im braunen Kärntner Anzug da, und auch ihr Denken scheint uniform. Landeshauptmann Dörfler macht am Vormittag den Einpeitscher für Scheuchs Wiederwahl. Er grollt gegen Asylwerber ("Drogendealer und Schläger werden in Kärnten keinen Platz finden") und gegen "Gutmenschen" - in anderen Parteien und in Medien. Und mit einem rhetorischen Geniestreich fügt er beide zusammen: "Die Gutmenschen sollen selbst Asylwerber in ihrer Wohnung aufnehmen."

Der Landeshauptmann holt aus zur Medienschelte

Der ewig alte Anti-Wien-Reflex ("Die Wiener tun nichts für uns") wird großzügig bedient, unter dem neuen Vehikel "Ostregierung", weil - so argumentiert Scheuch - zu viele Burgenländer in der Bundesregierung seien. Immer wieder und besonders gerne geht es gegen "die Medien". Antonia Gössinger, Journalistin bei der "Kleinen Zeitung", wird namentlich genannt. Dörfler reißt Zoten über ihre Berichte.

Hintergrund des Privatkrieges: Im Juli 2009 hatte Scheuch angekündigt, das BZÖ werde ein Jahr lang keine Inserate mehr in Kärntner Tageszeitungen schalten - unter anderem wegen Gössingers kritischer Berichte über die Erhöhung der Parteienförderung. (Scheuch schrieb damals an die "Kleine": "Sie degradieren die gesamte Kärntner Politik zu lauter unfähigen Vollidioten.")

Generell säßen in den Redaktionen "Gutmenschen und linke Schreiberlinge", ruft Dörfler jetzt den Delegierten zu. Der Lärmpegel im Saal steigt. Von nun an kommt kaum ein Redner mehr ohne Seitenhiebe auf die anwesenden Journalisten aus. Aus den hinteren Reihen streifen uns abfällige Blicke. Manchem Delegierten ist der Hass gegen die oberlehrerhaften "Schreiberlinge" richtiggehend ins Gesicht geschnitzt. Gut, dass 60 andere Journalisten hier sitzen, denkt man sich. Wir Presseleute sind hier nicht willkommen, wir werden geduldet. Gerade noch.

Der Berichterstatter macht sich gut als Feindbild

Man kennt den Brauch der Demagogen, die Welt in Schwarz und Weiß zu teilen; oder auch das immer gleiche Lied der "Kronen Zeitung", deren Strophen nur in Dur oder Moll erklingen. Auf der Liste der beliebtesten Feindbilder des sich einbläuenden Kärntner Parteitages finden sich ganz vorne auch Medien, die tun, was sie sollen: nämlich berichten.

Nicht nur die Presse ist ein unliebsamer Gast. Der BZÖ-Abgeordnete Stefan Markowitz wird von einem Security und einem Mitarbeiter Scheuchs aus dem Festsaal geworfen - obwohl er Kärntner ist und noch vor einem Monat den gescheiterten FPK-Parlamentsklub komplettieren hätte sollen. Als der angeschlagene Bundesobmann Bucher und sein Generalsekretär Stefan Petzner ihre Reden halten, werden die Mikrofone runter gestellt. Die Kameras übertragen die Rede nicht nach draußen. Die orange Fangemeinde - wie Markowitz ausgesperrt - blickt auf leere Bildschirme.

Scheuch triumphiert - auch über die Medien

90,15 Prozent - diese Zahl markiert Scheuchs Triumph. Und das alles trotz "der medialen Hetzkampagne der letzten Wochen", sagt Scheuch, "weil ich spätestens seit den letzten vier Wochen weiß, wie schmerzhaft und beleidigend all die Prügel vor allem der Medien sind: Aber all die Angriffe werden nicht schaffen, den Uwe Scheuch zu brechen!"

Wir Journalisten in den hinteren Reihen fragen uns, welche Kampagne er meint. Dass die Illustrierte "News" ein Telefongespräch mit einem russischen Investor veröffentlichte? Und dass andere Medien dann "News" zitieren? Dass Claudia Haider, die Witwe des verstorbenen Kärntner Gottkönigs, in der "Kleinen Zeitung" Scheuchs Methoden dezent hinterfragte? Dass die greise Haider-Mutter Dorothea in der "Krone" von Scheuch "tief enttäuscht" war?

Scheuch nennt den "News"-Bericht eine "Erfindung" - dabei stellte die Illustrierte die Aufnahmen online, sodass jeder sich von der Authentizität des Tonbandes selbst ein Bild machen konnte. Wenn man den Worten seines Landeshauptmannes glaubt, errang Scheuch den Sieg am Parteitag gerade deswegen. "Je schlechter ihr über uns schreibt's, desto besser für uns", spöttelt Dörfler.

Petzner fühlt sich "wie am SED-Parteitag"

Kurz vor der entscheidenden Obmann-Wahl heizt Dörfler nochmals den Delegierten ein: "Wer Dörfler will, muss Scheuch wählen. Wer für Kärnten ist, muss Scheuch wählen."

Petzner rennt daraufhin mitten zwischen die Reihen der Journalisten und schreit: "Das ist ja wie beim SED-Parteitag!" Der ältere deutsche Kollege meint nur: "Das war schon immer wie beim SED-Parteitag. Das ist ihm nur bisher nicht aufgefallen." Nach Scheuchs Wahl ist der Anschluss an die FPÖ nur noch Formsache. Bucher und Markowitz sind längst in ihre Autos gestiegen, nur Petzner bleibt bis zum Ende. Der Parteitag wird - "no na part oft he game" - mit dem Kärntner Heimatlied beschlossen.

"Typisch Journalisten"

Als Scheuch als Parteichef seiner neu eingefärbten Landesgruppe bestätigt wird, titelt derStandard.at: "Scheuch taucht Kärnten in Blau". Meine Kollegin wird wenig später von einem Delegierten gerügt: "Das könnt's ihr so nicht schreiben! Das stimmt nicht, weil wir ja keine Blauen werden. Typisch Journalisten."

Nur einmal an diesem Tag, während seiner Wahl, gibt Scheuch den Vorsitz an den jungen Landesrat Christian Ragger ab. Als die Delegierten abstimmen, bittet er die Journalisten, hinter eine Sperrlinie zu treten, die Kameramänner mögen das Filmen beenden. "Noch leben wir in einer Demokratie", sagt Ragger. Und es klingt fast nach einer Warnung. (Lukas Kapeller, derStandard.at, 19.1.2010)