Die Chancen, dass das neue Team der EU-Kommission unter Präsident José Manuel Barroso wie geplant am 26. Jänner vom Europäischen Parlament bestätigt wird und - ohne personelle Veränderungen - am 1. Februar seine Arbeit aufnehmen kann, sind am Montag nicht gerade gestiegen.

Der juristische Dienst des Parlaments hat die bei der Anhörung unter Beschuss geratene bulgarische Kandidatin für humanitäre Hilfe, Rumiana Jeleva, in seinem Gutachten nicht entlastet, wie die Konservativen hofften - aber auch nicht belastet.

Man habe keine Möglichkeit, die Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen auf "Wahrhaftigkeit und Exaktheit" zu überprüfen, begründen die Juristen im Schreiben an den zuständigen Ausschuss, warum sie keine Unbedenklichkeitserklärung abgeben können. Auch gebe es "Abweichungen" in Darstellungen der früheren EU-Abgeordneten aus den Jahren 2007 und 2008. Jeleva, derzeit Außenministerin, wurde bisher von den Fraktionen der Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen blockiert mit dem Argument, sie habe dazu nicht die ganze Wahrheit gesagt. Martin Schulz, Chef der SP-Fraktion, forderte sie auf, die Kandidatur zurückzuziehen, weil sie auch von der Qualifikation her nicht entsprochen habe.

Jeleva gehört der starken Europäischen Volkspartei (EVP) an. Deren Vorsitzender Joseph Daul verlangt eine Entschuldigung der Kritiker bei Jeleva. Das Gutachten bestätige, dass es keine Rechtsverstöße von ihr gäbe. In der EVP geht man "selbstverständlich" davon aus, dass sie bestätigt wird, wie der EU-Abgeordnete Othmar Karas dem Standard am Montag sagte. Der ÖVP-Delegationleiter in Straßburg, Ernst Strasser erklärte am Abend zur Stimmung in der EVP: "Entweder gibt es eine EU-Kommission mit Jeleva oder gar keine" . Da das EU-Parlament einzelne Kandidaten nicht ablehnen kann, sondern nur die gesamte Kommission, liegt die Latte nun für SPE und Liberale hoch.

Denn eine weitere Blockade bzw. Einschränkung der Handlungsfähigkeit der EU-Kommission in Brüssel wird von den meisten als wenig zielführend erachtet. Nur die Grünen wollten das Barroso-Team aus prinzipiellen Erwägungen ablehnen.

Klarstellung zu Roma

Entspannung im roten Lager brachte indes die Anhörung des slowakischen Kandidaten Maroš Šefcovic (Administration) im vor dem Ausschuss. Im Vorfeld gab es Gerüchte, er habe sich 2005 rassistisch gegen Roma geäußert, weil diese die Sozialsysteme ausnützen würden, was die Christdemokraten genau wissen wollten.

Bei seiner Anhörung ging der Slowake in die Offensive und drehte den Spieß um: Der ihm zur Last gelegte abfällige Satz gegen Roma sei so nicht gefallen, völlig aus dem Zusammenhang gerissen, er trete "gegen Diskriminierung und für soziale Einbindung" ein. Šefcovic sagte, er sei stolz darauf, dass der Roma-Gipfel 2005 auf slowakische Initiative in Brüssel stattgefunden habe. Er habe sich als "Speerspitze" immer für deren Anliegen stark gemacht.

Mehrere Abgeordnete dankten ihm explizit für die Klarstellungen. Neben Šefcovic konnte Montag auch der Italiener Antonio Tajani als künftiger Industriekommissar überzeugen.

 (Thomas Mayer aus Straßburg/DER STANDARD, Printausgabe, 19.1.2010)