Dass Neid den österreichischen Volkscharakter prägt, hat schon der Biedermeierdichter Ferdinand Raimund gerügt: "Da ist der allerärmste Mann dem andern viel zu reich!" , ließ er 1834 den Valentin im Verschwender singen. Und seither ist es eher schlimmer geworden: Die lieben Nachbarn und Arbeitskollegen stehen unter dem Generalverdacht, es sich gerichtet zu haben und unverdientermaßen besser dazustehen.

Das ist ein Auswuchs der Geheimnistuerei, die man hierzulande um Einkommen und Vermögen macht. Als das Finanzministerium vor Jahren erheben ließ, warum den Österreichern ihr Bankgeheimnis so wichtig ist, kam heraus, dass man sein Erspartes viel weniger vor den Behörden als vor Neidern und Erbschleichern aus Verwandtschaft und Freundeskreis verbergen will. Und wenn Frauen fürchten, zu wenig zu verdienen, können sie mangels Einkommensvergleichs dies kaum belegen.

Andererseits fehlt die Transparenz auch bei Förderungen, Ermäßigungen und sonstigen Wohltaten der öffentlichen Hand - kreative Antragsteller kommen in ihren Genuss, während sich andere genieren, ihren Anspruch auch geltend zu machen. Das von der ÖVP vorgeschlagene Transferkonto könnte da Abhilfe schaffen. Was danach kommen könnte, macht den neidzerfressenen Österreichern aber auch schon seit Raimunds Zeiten Sorgen: "Das Schicksal setzt den Hobel an und hobelt beide gleich." (Conrad Seidl/DER STANDARD-Printsausgabe, 19. Jänner 2010)