Erzählte den NDR-Journalisten von ihrem Überleben im Verlies und vom Ringen mit ihrem Entführer: Natascha Kampusch.

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Die Frage, wieso Natascha Kampusch nicht schon früher flüchtete. Mit welchen Mitteln Entführer Wolfgang Priklopil das verhinderte. Was Priklopil-Freund Ernst H. dazu sagt, und ob es Mittäter gab, vielleicht gar einen Sadomaso- oder Kinderpornoring. Auf all diese Fragen, die in Österreich weiter zur Diskussion stehen, gibt die Dokumentation des Norddeutschen Rundfunks (NDR) "Natascha Kampusch - 3096 Tage Gefangenschaft" neue, zum Teil überraschende Antworten.

Die Originalschauplätze, an denen erstmals gefilmt wurde - das Haus Priklopils und das Verlies, in dem Kampusch eingesperrt war - verleihen den Worten der jungen Frau Plausibilität: Dieses muffige Kellerloch, in dem die Wände jetzt, wo es leersteht, schimmelüberzogen sind, ist als Ort, um zu leben, statt bloß zu existieren, nicht vorstellbar. Dieser dunkelbraun getäfelte Wohnraum mit den schwarzen Ledersitzmöbeln, den dichten Jalousien und dem gemauerten Kamin, auf dessen Brüstung Ritterrüstungsnippes prangt, ist kein Wohlfühlort.

Reflektiert und verletzlich 

Kampusch selbst, deren Interview den Kern der 45-Minuten-Sendung bildet, erscheint reflektierter - und verletzlicher - als in früheren Gesprächen. Vielleicht, weil seit ihrer Flucht zweieinhalb Jahre vergangen sind, die sie für eine erste Aufarbeitung des Geschehenen nutzen konnte.

Sicher jedoch, weil ihr NDR-Autor Peter Reichhard und Regisseurin Alina Teodorescu auf Augenhöhe begegnet sind. So kommt Kampusch als Person über den Bildschirm, die sich - so Teodorescu - "nicht mehr als Opfer sieht". Dass sie in der Öffentlichkeit nicht als "Erniedrigte" gelten wollte, hat ihr Feinde eingebracht, meint Kampusch selbst: "Viele Menschen sind so." (Irene Brickner, DER STANDARD; Printausgabe, 19.1.2010)