"Nicht hauptabendtauglich" sei die NDR-Doku über Natascha Kampusch, sagt der interimistische Wissenschaftschef Walter Köhler. Das Entführungsopfer zeigt den Reportern erstmals das Verlies. Die endgültige Absage erteilte Generaldirektor Alexander Wrabetz.

Köhler sagt, er hat den Film nicht gesehen und stützt sich auf Infos seiner Redaktion. Dass deren Einschätzungen im Büro von Infodirektor Elmar Oberhauser sechs Wochen unbeachtet liegen blieben und übersehen wurden, bestätigt Köhler nicht.

Wie der ORF die Ablehnung begründet, klingt freilich nicht ganz schlüssig: Der Film greife "zum großen Teil auf ORF-Archivmaterial" zurück, erklärte Oberhauser wie berichtet. Aber: Themenkundige Beobachter fanden keine zwei Minuten aus ORF-Reportagen bekannte Bilder. Am Preis lag es wohl ebenfalls nicht: 10.000 Euro sind zwar mehr, als üblicherweise für Kaufdokus anfällt, sie wären aber selbst für den maroden ORF erschwinglich.

Bleibt die Sendezeit: In der ARD läuft die Doku um 21 Uhr, ATV darf sie erst um rund 50 Minuten später zeigen. Diese Verzögerung wollte der ORF nicht akzeptieren: "So wäre es für uns unmöglich", sagt Köhler. ATV macht daraus einen Themenabend mit anschließender Diskussion. (prie, DER STANDARD; Printausgabe, 19.1.2010)