Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP/Saenz

Nach einem Wahlkampf, in dem Sebastián Piñera oft distanziert und nervös wirkte, lächelte "Chiles Berlusconi" am Sonntag gelöst. Im dritten Anlauf - beim ersten zog er sich noch vor dem Wahltag zurück - gelang es dem 50-jährigen Milliardär, das seit 20 Jahren in Chile regierende Mitte-links-Bündnis zu besiegen. Nötig dafür war ein Rundum-Lifting - nicht nur der eigenen Krähenfüße, wie Zeitungen berichteten, sondern auch der chilenischen Rechten, der bisher der Geruch der Diktatur anhaftete. Piñera, der angibt, beim Referendum 1988 gegen den Amtsverbleib von Diktator Augusto Pinochet gestimmt zu haben, führte die beiden rechten Parteien UDI und Renovación Nacional zur "Allianz für Chile" zusammen und begann, nicht nur von "Effizienz" , sondern auch von Sozialpolitik zu reden.

Seine Gegner kritisieren das als "wenig glaubwürdig" und sprachen die harten Bedingungen an, die in Piñeras Firmen herrschten. Bei einer Anhörung sind vor Jahren Mitarbeiter seiner Fluglinie LAN, der Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte vorgeworfen werden, aus Angst vor Repressalien vermummt vor Parlamentariern erschienen. Für die Art, wie er zu den 26 Prozent an der erfolgreichen LAN kam, wurde er von der Börsenaufsicht wegen Insidertradings zu einer Geldstrafe verurteilt.

Faktum ist, dass er einen Riecher für Geschäfte hat - etwas, was er in der Hoffnung vieler Chilenen nun auf das gesamte Land übertragen soll, in dem es mehr als eine halbe Million Arbeitslose gibt. Dass er den Grundstock für sein Vermögen unter Pinochet legte, macht ihn in den Augen von Kritikern zum Nutznießer der Diktatur. Die meisten seiner Aufkäufe fallen aber in die Zeit der Demokratie. Ihm gehören unter anderem der Fußballklub Colo Colo, der TV-Sender Chilevision, die Klinik Las Condes, Apotheken und Supermärkte.

In der Politik ist Piñera seit den 80er-Jahren; er war Wahlkampfmanager von Pinochets Präsidentschaftskandidat Hernán Büchi. Laut Forbes verfügt er über 1,2 Milliarden Dollar. Forbes unterschätze ihn, kommentierte Piñera. Der Katholik, der in Harvard studiert hat, ist seit 1973 mit Cecilia Morel verheiratet und hat vier Kinder. Sein Vater war ein christdemokratischer Diplomat. Bekannte beschreiben ihn als "liberal" und "intelligent", Geschäftspartner als "berechnend" und Mitarbeiter als "aufbrausend". In Santiagos Präsidentenpalast "Moneda", wo bisher die joviale Kinderärztin Michelle Bachelet das Sagen hatte, brechen neue Zeiten an. (Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 19.1.2010)