Stockholm/Helsinki - Vor vier Jahren war sie innenpolitisch heiß umkämpft, heute ist sie in Schweden kaum noch der Rede wert: die Stockholmer Citymaut. Die „Trängselskatt" (Stau-Steuer), wie sie auf Schwedisch heißt, ist in ganz Nordeuropa das am häufigsten herangezogene Vergleichsmodell für ähnliche Projekte.

Am weitesten gediehen sind die Vorbereitungen für weitere Stadt-Mauten in Göteborg, Kopenhagen und Helsinki. In Norwegen entschied man sich schon vor Jahrzehnten für die Anwendung und Ausdehnung des landesweiten Mautsystems für Straßen-, Brücken- und Tunnel auch auf Ballungszentren wie Bergen, Oslo oder Stavanger.
Die Verwendung der Einnahmen - sie betragen rund 850 Millionen Kronen (83,2 Millionen Euro) pro Jahr - ist Sache der Verkehrspolitik der jeweiligen Regierung. Die derzeitige bürgerliche Regierung von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt zieht die Einnahmen für verschiedene Infrastrukturmaßnahmen im Großstadtraum Stockholm heran. Reinfeldts sozialdemokratische Vorgänger, die die Citymaut-Lösung im Anschluss an einen siebenmonatigen Probebetrieb samt anschließender Volksbefragung durchsetzten, wollten das Geld ursprünglich ausschließlich für die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs verwenden.

25 Prozent weniger Autos

Die Bürgerlichen gaben nach dem Ja der Stockholmer ihren Widerstand auf und führten im Sommer 2007 die Maut endgültig ein. Seither hat sich die Akzeptanz im gesamten politischen Spektrum und in der Bevölkerung gefestigt, meint Eva Söderberg von der staatlichen Verkehrsbehörde Transportsytrelsen. 

In Bezug auf die Reduktion des Verkehrsaufkommens könne man in jedem Fall von einem Erfolg des Stockholmer Modells sprechen. Die Planer seien zuerst von einer Verringerung um zehn Prozent ausgegangen. „Während des Probebetriebs ging der Autoverkehr in Stockholm um 20 bis 25 Prozent zurück. Zuletzt waren es um 18 Prozent weniger als 2005, erklärt Söderberg. Auch international erfreut sich die Lösung regen Interesses: „Praktisch alle größeren Städte der Erde haben mit dem Verkehr die gleichen Probleme - wir bekommen Besuche von überallher, von Japan bis Brasilien", sagt sie.

Die Einführung der Citymaut ist auch in Göteborg praktisch beschlossene Sache. Im März wird der letzte noch ausstehende Formalbeschluss erwartet - dann werden ab 2013 auch in der zweitgrößten Stadt Schwedens die Autofahrer zur Kasse gebeten. In Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen trafen die 16 Einzelgemeinden voriges Jahr einen Grundsatzbeschluss zur Einführung der Maut nach schwedischem Muster. Auch in Finnlands Hauptstadt Helsinki stellte die Stadtregierung vergangenen Herbst die Weichen dafür. Bis Ende 2010 will das Verkehrsministerium einen Einführungsplan erarbeiten. (Andreas Stangl, DER STANDARD Printausgabe, 19.1.2010)