Kabul/Brüssel - Einen Tag nach dem Angriff der radikalislamischen Taliban auf das Regierungsviertel von Kabul sind dort die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal deutlich verstärkt worden. Die Zahl der Straßensperren und Kontrollposten wurde erhöht, Fahrzeuge wurden durchsucht, es waren auch vermehrt Patrouillen zu Fuß unterwegs, wie der stellvertretende Polizeichef Mohammad Chalil Dastjar erklärte.

Die Taliban-Kämpfer waren am Montag ins Zentrum vorgedrungen und hatten dort Regierungsgebäude, Einkaufszentren und ein Luxushotel angegriffen. Das fast fünfstündige Gefecht, bei dem zwölf Menschen getötet wurden, ließ wieder einmal Fragen laut werden, inwieweit die Regierung in der Lage ist, die Sicherheit zu gewährleisten. Präsident Hamid Karsai hat eine Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen angeordnet, um zu klären, wie die Rebellen bis zu seinem Palast vordringen konnten. Als Bedingung für einen Abzug der ausländischen Soldaten gilt die Fähigkeit der einheimischen Kräfte, selbst für Sicherheit zu sorgen.

Lob für afghanische Kräfte

Die Nato und das britische Militär haben den Einsatz der afghanischen Truppen am Montag gegen die angreifenden Taliban-Kämpfer gelobt. Das Zusammenspiel der verschiedenen afghanischen Sicherheitskräfte bei dem Angriff zeige, wie wirksam sie die Bevölkerung mittlerweile schützen könnten, erklärte der Nato-Oberkommandierende für Europa, James Stavridis, am Dienstag. Die lokalen Sicherheitskräfte hätten die Situation weitgehend allein unter Kontrolle gebracht, und der Angriff sei von den Afghanen "schnell" beendet worden, so Stavridis, der während der Attacke die Nato-Truppen vor Ort besucht hatte.

Dagegen glaubt der EU-Abgeordnete Elmar Brok (CDU), der militärische Konflikt in Afghanistan sei "nicht zu gewinnen" . Die Taliban beherrschten "fast 80 Prozent des Landes" , der Nato-Truppe sei es nicht möglich, "militärische Sicherheit herzustellen" , sagte Brok der in Hannover erscheinenden Neuen Presse vom Dienstag.

Unterdessen wurde eine UN-Studie publiziert, der zufolge die bis in die afghanische Regierung grassierende Korruption den Bürgern mehr Sorge bereite als die mangelnde Sicherheit. Es sei "unmöglich" , in Afghanistan ohne Schmiergeld eine behördliche Dienstleistung zu erhalten, erklärte der Chef des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (Unido), Antonio Maria Costa, am Dienstag. (APA, AFP, red, DER STANDARD, Printausgabe 20.1.2010)