Die Politik Jörg Haiders? "Das waren doch nur Brot und Spiele", lästert Petra Brunner während des Einkaufsbummels.

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Haider, der Verkaufsschlager: Seine Nachfolger in Kärnten walten im Windschatten des verstorbenen Zugpferdes.

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Das ausländerfeindliche Klima werde in Kärnten immer schlimmer, findet die Villacher Verkäuferin Angelika Markon.

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Der von Uwe Scheuch herbeigeführte Wechsel von BZÖ zu FPK sei ein "Verrat an Haiders Ideen", sagt Peter Kovacs.

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Klagenfurt - "Haider war ein super Mensch. Den hab ich persönlich gekannt, und da kann man nix Schlechtes an ihm finden", sagt Peter Kovacs. Vor zwei Wochen wurde der 62-jährige Straßenverwalter pensioniert, und was in Kärnten momentan politisch los ist, "hätte der Haider nicht wollen". Der von Uwe Scheuch herbeigeführte Wechsel von BZÖ zu FPK - vorher wie nachher: "Freiheitliche in Kärnten" - sei ein "Verrat an seinen Ideen", findet Kovacs.

Seit 25 Jahren habe er Haiders Parteien die Treue gehalten, auch im Jahr 2005 ist er bei der BZÖ-Gründung mitgezogen. "Jetzt weiß ich nicht, was ich mit meiner Mitgliedschaft machen soll. Blauer werd ich sicher keiner." Die Politiker von heute könne man "ja alle in einen Topf werfen", sagt Herr Kovacs, und seine Miene zeigt, dass das kein Kompliment ist.

Euphorischer Parteitag, skeptische Wähler

Doch Herr Kovacs wurde wie seine Landsleute am Samstag Zeuge, wie der freiheitliche Landesparteitag aus Uwe Scheuch, dem Kärntner BZÖ-Obmann, den obersten Kärnter FPÖ-Verbündeten machte. 90,15 Prozent der knapp 350 Delegierten stimmten für den neuen Kurs an der Seite von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Abseits des Parteitages gingen die Querelen nicht spurlos am Dritten Lager in Kärnten vorbei. Strache findet sich zwar mit einem Minus von 30 Prozent im APA/OGM-Vertrauensindex wie immer weit unten, liegt aber besser als seine Kärntner Verbündeten: Landeshauptmann Gerhard Dörfler weist aktuell minus 42 Prozent, Scheuch gar nur minus 46 Prozent auf, wenn es um das Vertrauen der Befragten geht.

Auch ein Lokalaugenschein in Kärntens Hauptstadt Klagenfurt zeigt: Die Menschen sind zwiegespalten, manche skeptisch oder gar offen unzufrieden. So begeistert wie sich die Delegierten am Klagenfurter Parteitag zeigten, sind jedenfalls die wenigsten. Ob die Kärntner nun genauso bereitwillig der FPK Folge leisten, wo Haider, der charismatische Leitwolf, fehlt?

Jörg Haiders Politik? "Brot und Spiele"

Für Petra Brunner kommt das gar nicht infrage. Angesprochen auf die Kärntner Landespolitik lacht sie wie jemand, der etwas angestellt hat. "Aber ich war's nicht", scherzt die Physiotherapeutin. Sie meint damit: Sie hat das BZÖ nicht gewählt bei der Landtagswahl im März 2009. "Aber das sagen ja jetzt alle, dass sie nicht für die gestimmt haben. Keiner gibt's mehr zu." Dabei wählten knapp 45 Prozent der Kärntner bei der letzten Wahl Orange - noch einmal 2,5 Prozent mehr als 2004, als Haider noch lebte und unter blauer Fahne kämpfte.

Frau Brunner schlendert mit ihrer Tochter gerade durch Klagenfurts Einkaufszentrum, die "City Arkaden". Die Mutter hegte noch nie Sympathien für die nun unter "FPK" firmierenden Kärntner Freiheitlichen. "Brot und Spiele", viel mehr sei die Politik Jörg Haiders, des verstorbenen Landeshauptmannes nicht gewesen. "Kärnten ist bankrott", ärgert sich Brunner. "Schickt uns doch einen Sachwalter aus Wien!"

Haider erfand Orange, Scheuch färbte zurück

Aber Kärnten bekam keinen Sachwalter, Kärnten bekam Scheuch. Nirgendwo in Österreich wechseln die Farben der regierenden Partei bei gleichbleibender Mannschaft so rasch wie im südlichsten Bundesland. Nachdem Übervater Haider 2005 aus Blau Orange gemacht hatte, färbte Scheuch nun zurück.

Angelika Markon zieht es weder zum BZÖ noch zur FPK. Sie arbeitet in einem Reformhaus in Villach als Verkäuferin, und die Stimmung in der zweitgrößten Stadt Kärntens werde immer aufgeladener: "Da wird über Ausländer und Bettler nur so hergezogen, die werden als Gesindel beschimpft und schlimmer", sagt sie. Die Schuld daran gibt sie den herrschenden Politikern. Und deren Wählern. "Wir haben zu viele alte Leute da bei uns", lautet Markons Erklärung. "Die sind unverbesserlich."

Die Politik ist "nur ein Theater"

Die Kärntner Politik sei "ein Theater", stimmt ihr eine junge Frau zu, die ihren Namen nicht sagen will. Auch das politische Erbe Haiders will sie nicht würdigen. "Jörg Haiders Ding war doch immer nur Jörg Haider." Die abermalige Parteiumbenennung nehme sie nicht mehr ernst. Das Ansehen Kärntens würde wegen der Landespolitik jedenfalls leiden: "Es lacht die ganze Welt über uns." (Saskia Jungnikl, Lukas Kapeller/derStandard.at, 19.1.2010)