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Landeschef Voves: "Die SPÖ hat zwei Jahrzehnte versucht, das Thema Asyl und Integration nur mit ideologischen Stehsätzen zu beantworten."

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STANDARD: Umfragen zufolge könnte die SPÖ das 2005 eroberte Bundesland im Herbst wieder an die ÖVP verlieren. Was ist da passiert?

Voves: Wir befinden uns zugegebenermaßen in einem schwierigen Umfeld: Wir haben eine Weltwirtschaftskrise, einen starken Gegenwind gegen die Sozialdemokratien in Europa und hier einen Regierungspartner ÖVP, der seit viereinhalb Jahren Frontalopposition macht. Und trotzdem: Wir haben eine absolut tolle Chance, wieder stimmenstärkste Partei zu werden. Die ÖVP hat 60 Jahre ein Netzwerk aufgebaut, da braucht man halt mehr als eine Periode, um mehr zu ändern. Es ist uns aber gelungen, im Netz da und dort eine Wabe wegzuschneiden.

STANDARD: In ersten Plakaten und Aussagen zum Wahljahr lassen SPÖ und auch ÖVP erkennen, dass Sie sich besonders um FPÖ-Wähler bemühen werden. Das heißt: Es droht ein Ausländerwahlkampf.

Voves: Dazu muss man sagen: Beide Großparteien tappen in der Frage Asyl und Integration in die Strache-Falle. Es werden immer schärfere Maßnahmen gefordert, bis am Schluss die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt. Die gesamte Politik in Österreich hat es zugelassen, dass in den Köpfen vieler Österreicherinnen und Österreicher alle Asylanten zu Verbrecher gestempelt worden sind.

STANDARD: Sie warnen vor der "Strache-Falle" , auf der anderen Seite werben Sie um FPÖ-Wähler. Wie geht das zusammen?

Voves: Für mich geht es darum: Die SPÖ hat zwei Jahrzehnte versucht, das Thema Asyl und Integration nur mit ideologischen Stehsätzen zu beantworten. Diese Themen hätten aber viel früher verlangt, dass wir auf die Schauplätze, dort, wo sich die Probleme abspielen, viel genauer hinschauen. Ohne Ideologie, sondern mit realistischer Politik. Wir hätten etwa in der Wohn- und Schulpolitik viel früher reagieren müssen.

STANDARD: Nochmal: Wie wollen Sie FPÖ-Wähler gewinnen, ohne selbst nach rechts abzudriften?

Voves: Indem ich sage: Wir machen ganz aktiv Integrationspolitik. Auch wir wollen keine 90 Prozent nicht Deutsch sprechender Kindern in den Klassen. Aber nicht im Sinne von Unmenschlichkeit oder Intoleranz. Ich wäre auch bereit, hier mit der FPÖ über Maßnahmen, die ein besseres Zusammenleben von in- und ausländischer Bevölkerung ermöglicht, zu reden. Aber sicher nicht, indem ich die höchsten Werte wie soziale Gerechtigkeit infrage stellen lasse.

STANDARD: Wie weit würden Sie in einer Kooperation mit der FPÖ gehen? FPÖ-Landeschef Gerhard Kurzmann sagte kürzlich im Gespräch mit dem Standard, er werde den zum Landeshauptmann wählen, mit dem etwa ein landesweites Bettelverbot durchsetzbar sein wird.

Voves: Sie werden sich wundern, was ich jetzt sage. Es ist auch hier, wie in der Integrationspolitik: Wir müssen auch hier endlich genau hinschauen. Wir wissen, dass es organisiertes Betteln gibt, die armen Menschen werden mit Bussen an den Stadtrand gebracht. Die Hintermänner sitzen in Schlössern in Osteuropa. Wir haben den Bettlern vor Ort geholfen, wir haben Hilfsprojekte lanciert. Es nützte nichts. Experten sagen uns, man bekommt das organisierte Betteln nur in den Griff, wenn man den Radius einengt und etwa in den Innenstädten das Betteln verbietet. Wenn man den Hintermännern so das Handwerk legen kann, ist das in Ordnung.

STANDARD: Sie haben vor Monaten bundespolitisch mit Forderungen nach stärkerer Belastung von Vermögen ziemlich laut aufgezeigt. Dann ist es ruhig geworden um Sie. Hat Ihnen die Debatte um die steirische SPÖ-Stiftung nachdrücklich geschadet?

Voves: Die Stiftung, die ich ja sozusagen geerbt habe, spielt keine Rolle mehr, die wurde aufgelöst. Die Debatte ändert aber nichts an meine Forderung nach einer stärkere Besteuerung der Stiftungen. Was jetzt aber ansteht, ist die Budgetkonsolidierung 2011, nach diesen enormen Ausgaben für die Krise. Das geht nicht allein über Reformen im öffentlichen Bereich oder Kürzungen von Dienstleistungen. Außer man wäre bereit, dem Herrn Strache die Scheunentore zu öffnen.

STANDARD: Also neue Steuern?

Voves: Vorweg: Ich bin absolut bereit, über Strukturreformen nachdenken. Auch in den für Sozialdemokraten sensiblen Sozial- und Bildungsbereichen -, ohne dass wir deshalb unsere Grundwerte aufgeben. Wir müssen die soziale Treffsicherheit von Leistungen überprüfen, schauen, ob da oder dort bestimmte gesetzliche Leistungen wirklich noch notwendig sind. Ich will das einmal so stehenlassen.

STANDARD: Woher soll nun frisches Geld fürs Budget kommen. Vielleicht doch - wie schon diskutiert - über den einfachsten Weg einer Erhöhung der Mehrwertsteuer?

Voves: Es kann nur um die Entlastung des Faktors Arbeit zulasten des Vermögens und der Vermögensvermehrung gehen. Ich hoffe für die SPÖ, dass sie nicht bereit sein wird, der ÖVP nachzugeben und Massensteuern zu akzeptieren. Die SPÖ muss mit einem glaubwürdigen Beitrag aus der ganzen Krisengeschichte aussteigen. Ich gehe davon aus, dass auch Parteivorsitzender Werner Faymann keine Massensteuern will. (Walter Müller/DER STANDARD-Printausgabe, 20.1.2010)