Totschlag ist kein Kavaliersdelikt. Ein Vergehen nach dem § 76 des Strafgesetzbuches ist ein schweres Verbrechen, das mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren bedroht ist. Man kann also nicht behaupten, dass unsere Gesetze "Frauen vor brutalster Gewalt nicht schützen" , wie die Kronen Zeitung anprangert.Die Frage ist eher: Sind sie ausreichend geschützt? Im Falle jenes Türken, der seine Frau fast umbrachte, war der Staatsanwaltschaft das verhängte Strafmaß von sechs Jahren jedenfalls deutlich zu gering - sie ging in Berufung.

Handelte es sich aber um versuchten Mord oder Totschlag? Der entscheidende juristische Unterschied lautet: Wird ein Mensch vorsätzlich umgebracht, ist es Mord. Handelte der Täter in einer "allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung" - kurz: hat er die Tat nicht geplant, sondern ist vollkommen ausgerastet - dann ist es Totschlag.

Das Gericht muss nun ergründen, ob nachvollziehbar ist, dass sich der Täter in einem derartigen Gemütszustand befand. Um das herauszufinden, kann - aber muss nicht - das soziale Umfeld des Angeklagten herangezogen werden: Hat er in seinem bisherigen Lebensweg gelernt, mit Konflikten, mit Extremsituationen umzugehen? Dies muss allerdings für alle gleich gelten - egal ob für In- oder Ausländer.

Oder aber man sagt: Wer einen anderen Menschen umbringt, ist grundsätzlich ein Mörder. Dann müsste man allerdings den Totschlag-Paragrafen abschaffen. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, Printausgabe 20.1.2010)