Wien - Die gute Nachricht lautet: 42 Prozent der Österreicher sehen die EU-Mitgliedschaft mittlerweile wieder als "eine gute Sache" an. Damit ist der Tiefpunkt der trüben Stimmung gegenüber der Union vom Frühjahr 2008 - damals sackte dieser Wert nach einer Kampagne der Kronen Zeitung gegen den Vertrag von Lissabon auf mickrige 36 Prozent ab - anscheinend überwunden.

"Es gibt nun eine stabile Tendenz, und der leichte Aufwärtstrend setzt sich erfreulicherweise fort", erklärte der Leiter der Kommissionsvertretung in Wien, Richard Kühnel, am Mittwoch im Haus der Europäischen Union.

Die weniger zufriedenstellende Analyse aus der jüngsten Eurobarometer-Umfrage, im Zuge derer über 1000 Personen von Ende Oktober bis Mitte November vom Institut Gallup abgefragt wurden, ergibt allerdings: Mit 42 Prozent Zustimmung zur EU liegt das Land zwar nicht mehr weit abgeschlagen hinter optimistischeren Mitgliedsstaaten, befindet sich aber immer noch im kritischen Mittelfeld, denn: Insgesamt halten 53 Prozent der EU-Bürger die Union für "eine gute Sache".

Dazu kommt, dass die Österreicher die EU mit einer Reihe Negativa assoziieren. Der Euro und die Mobilität finden sich mit 65 beziehungsweise 55 Prozent zwar an oberster Stelle, danach drängen sich aber gleich der Hälfte der Landsleute bereits Gedanken an "mehr Kriminalität" auf (der Europadurchschnitt liegt bei 16 Prozent). 44 Prozent denken an "Bürokratie", 43 Prozent an "Geldverschwendung" und 41 Prozent an "zu wenig Grenzkontrollen". Zum Vergleich: EU-weit beunruhigen nur 14 Prozent die Kontrollen an den Außengrenzen.

Das alte hehre Ziel der Gemeinschaft, die Wahrung des Friedens, assoziieren nicht einmal mehr ein Drittel der Österreicher (32 Prozent) mit der EU. "Mitsprache in der Welt" und "Demokratie" landeten auf den hintersten Plätzen.

Bezeichnend auch, was die Befragten als "zukünftige Aufgaben der EU" definieren: 41 Prozent nannten den "Kampf gegen die Kriminalität" als oberste Priorität, nur 39 Prozent möchte, dass die Union "Wirtschaftsfragen" angeht.

"Föderale Mentalität"

Außerdem förderten einige Fragen der Umfrage die "föderale Mentalität" der Österreicher (Kühnel) zutage: So haben immer noch 69 Prozent vor allem Vertrauen in die regionalen und öffentlichen Behörden und 67 Prozent in die heimische Justiz und das nationale Rechtssystem sowie 55 Prozent in das nationale Parlament. Auf die Europäische Union vertrauen hingegen bloß 47 Prozent. Auch lehne die Bevölkerung weiterhin die Erweiterung ab, erklärte Kühnel, und sei sehr globalisierungskritisch. Harald Pitters wiederum, Mitautor der Studie, führt die "Erweiterungsmüdigkeit" auf die Diskussionen um einen möglichen Beitritt der Türkei zurück.

Immerhin: Zum Euro als Gemeinschaftswährung stehen 71 Prozent der Befragten und damit mehr als der Europadurchschnitt (60 Prozent). Dazu glauben 55 Prozent, dass der Euro in der Wirtschaftskrise besser stützt, als es der Schilling vermocht hätte. Zu dieser Einstellung passt auch, welcher europäischen Institution die Österreicher am meisten vertrauen: 58 Prozent nannten da die Zentralbank. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2010)