Bild nicht mehr verfügbar.

Eine neue Rolle für die Frau, hurra! Ist sie in die Jahre gekommen, darf sie ihre Krallen ausfahren und - wie hier Courtney Cox in ihrer neuen TV-Serie - deutlich jüngere Männer erbeuten: Sie ist schließlich ein "Cougar".

Foto: REUTERS/Michael Desmond/ABC/Handout

Außergewöhnliche Entwicklungen und solche, die dazu gemacht werden, tragen in der Mediengesellschaft eher früher als später markige Eigennamen. Je einfacher, desto einprägsamer; je klischeehafter, desto leichter etabliert sich der Begriff. Eine solche Bezeichnung hat sich auch ein Phänomen eingehandelt, das in anderer Besetzung bislang keinen Eigennamen brauchte, weil es als selbstverständlich, um nicht zu sagen natürlich, angesehen wurde:

Solange der Mann der ältere Partner in einer heterosexuellen Affäre war, konnte man ihn als "tollen Hecht", "Schwerenöter", "alten Sack", "peinlichen Lustmolch" oder wie auch immer man wollte, bezeichnen; ein gemeinhin gültiges Attribut hat sich dafür auch nach Jahrhunderten der Praxis nicht in den Sprachgebrauch eingeschliffen. Sein weibliches Pendant, die "reife" Liebhaberin, wurde allerdings schnell zum Raubtier - genauer gesagt: zur Raubkatze.

Gebt ihr Tiernamen!

Dass auch Frauen in der Öffentlichkeit immer öfter mit jüngeren Liebhabern auftauchen, ist vergleichsweise neu. Nichtsdestotrotz - oder gerade deshalb - gibt es auch schon eine einschlägige Bezeichnung für sie: "Cougars" (Puma). Derart - animalisch - bezeichnet, wird die sexuelle Aggressivität der "reifen" Frau betont: Sie will keinen Partner, sie will einen Liebhaber. Und sie kriegt ihn nur, indem sie ihn jagt - denn die passiven Zeiten, in denen sie einfach ihren jugendlichen Körper als Köder einsetzen konnte, sind vorbei. Aus dieser Vorstellung heraus sehen manche in der Stereotypisierung der "Cougars" eine Selbstermächtigung der Frau, andere lesen daraus ihre Degradierung, weil sie nur oberflächlich als Akteurin erscheint, im Grunde allerdings zum Sexobjekt gemacht wird.

Pionierinnen

Als das Aushängeschild des umstrittenen US-Phänomen "Cougars" gilt unfreiwilliger Weise die US-Schauspielerin Demi Moore, die in die Annalen der Schlagzeilen einging, als sie ihren um 14 Jahre jüngeren Partner Ashton Kutcher präsentierte. Und ihn später vom - von der Presse dazu degradiert - "Boy Toy" in den Ehemann-Stand adelte. Pop-Ikone Madonna, 51, kann das mit ihrem 23 Jahre alten Liebhaber Jesus locker toppen. Vokalakrobatin Mariah Carey trennen elf Jahre von ihrem nunmehrigen Ehemann. In der Berichterstattung über diese Paarungen hat man es sich nie verkniffen, auf den Altersunterschied einzugehen. Bei Brad Pitt zum Beispiel war das nie Thema, obwohl der immerhin zwölf Jahre älter ist als seine Partnerin Angelina Jolie. 

Jahrzehnte zählen

Erwähnenswert wird der Altersunterschied bei älterem Mann und jüngerer Frau erst, wenn es um Jahrezehnte geht, wie letztens bei SPD-Franz Müntefering, der um 40 Jahre älter als seine Angetraute ist. Oder bei Ron Wood von den Rolling Stones, der mit seinen 62 Lenzen eine 19-jährige an seiner Seite hatte. Krasse Beispiele gibt es dabei auch mit der umgekehrten Geschlechtsverteilung: Dynasty-Legende Joan Collins hat einen 32 Jahre, Modekünstlerin Vivienne Westwood einen 25 Jahre oder Schlagerstar Bibi Johns einen gar 40 Jahre Jüngeren.

Frauen verschwinden

Dass die Extreme aber weniger interessieren als der marginale Unterschied bei Moore/Kutcher kann an der Popularität der Protagonistin Moore respektive des geringeren Nachrichtenwerts von Collins und Co. festgemacht werden; und dieser Wert ist bei Frauen wiederum stark an das Alter geknüpft: Das Verschwinden der Frauen 45+ aus der öffentlichen Wahrnehmung wie aus dem Erwerbsleben ist mittlerweile wissenschaftlich festgehalten.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich dadurch aber auch, dass die zum Trend gemachte Paarung Alte und Junger keine so wie oft dargestellt neue ist. Eigenständige Frauen, die sich - und andere - gut versorgen können, fanden sich schon früher jüngere Lover, machen das Entfallen ihrer reproduktiven Möglichkeiten mit materiellem Auskommen wett. Diese Konstellation ist bei Altem und Junger sowieso altbewährt - und hier hat der Ernährer auch sein Branding abbekommen: "Sugar Daddy".

Das Geschäft mit den "Cougars"

Finanzielle Aspekte spielen aber auch bei den "Raubkatzen" eine Rolle: Über diese "Marke" lässt sich nämlich Geld machen, weil schon längst Nachfrage am Beziehungsmarkt herrscht. Agenturen wie "Cougars.com" oder "OnSpeedDating.com" werben mit der Anbahnung zwischen jüngeren Männern und älteren Frauen - und bei der Nachfrage herrscht ein deutlicher Männerüberschuss.

Auch geworben wird mit den "Cougars", wenn auch der Schuss nach hinten losgegangen ist: Eine neuseeländische Kampagne, die eine "ausgehungerte" Frau auf der Jagd nach "Frischfleisch" lancierte, musste zurückgezogen werden, nachdem sich männliche wie weibliche Vergewaltigungsopfer darüber beschwert hatten.

Und auch die TV-Industrie hat den "Cougar" entdeckt: Eine gleichnamige FOX-Reality TV-Show nach Bachelor(ette)-Konzept stellte eine Über-40-Jährige als Objekt der Begierde zahlreicher junger Männer in den Mittelpunkt. Der Altersunterschied war - einmal mehr - bei Vorreiter-Formaten mit Hähnen im Korb wie Bret Michaels ("Rock of Love") in der Hauptrolle nicht einmal am Rande Thema.

Verführungspotenzial

Dass die sexuelle reife Frau in US-Serienformaten immer wichtiger wird, davon künden auch die Pläne verschiedener Sender. Eine neue US-Serie mit Courtney Cox ("Friends") namens "Cougar Town" widmet sich dem Phänomen ganz und gar; ob das ironisch ausgefeilt geschieht, bleibt zu hoffen. Sicher ist auf alle Fälle, dass sich die "Cougars" nicht so schnell wieder von der Bildfläche verschwinden. Ihr kürzlich entdecktes Verführungspotenzial ist für Drehbuchschreiber wie Medienleute einfach noch zu groß. (bto/dieStandard.at, 21.1.2010)