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"Berlusconi vor Gericht": Oppositionelle Senatoren bei der Debatte am Mittwech

Foto: Reuters/Remo Casilli

Nach tumultartigen Szenen hat der römische Senat am Mittwoch das umstrittene Gesetz zur Kürzung der Prozeßdauer verabschiedet. Nach Genehmigung durch die Kammer soll die neue Regelung bereits in wenigen Wochen in Kraft treten und zur Einstellung der zwei laufendenGerichtsverfahren gegen Premier Silvio Berlusconi führen.

Das aus wenigen Artikeln bestehende Gesetz sieht vor, dass Prozesse in allen drei Instanzen nicht länger als sechs Jahre dauern dürfen. Ausgenommen sind Vergehen, für die Haftstrafen von über zehn Jahren vorgesehen sind. Das Abstimmungsergebnis von 163 zu 130 Stimmen wurde vom Rechtsbündnis mit frenetischem Applaus begrüßt, während die Opposition auf Plakaten den "den Tod des Rechtsstaats" beklagte.

Aus Protest gegen das Gesetz hatten die Parlamentarier der Partei Italien der Werte am Dienstagabend die Regierungsbänke besetzt und die Nacht im Senatv erbracht. Während die Christdemokraten von einer "dürftig verhüllten Amnestie" sprachen, warf der Partito Democratico der Regierung vor, "Zehntausende Prozesse zu gefährden, um Berlusconi Straffreiheit zu garantieren."

Das Rechtsbündnis verwies darauf, daß es lediglich den Klagen des Europäischen Gerichtshofes über die unzumutbare Prozeßdauer in Italien Rechnung trage. Der Richterbund sprach von einem "folgenschweren Gesetz", das unzähligen Opfern von Straftaten Gerechtigkeit verweigere und für die Straflosigkeit tausender Verbrecher sorge. "Es ist absurd, die Prozeßdauer verkürzen und Anwälten gleichzeitig die Vorladung von 300 Zeugen zu gestatten", erklärte der Vorsitzende Luca Palamara, der eine "seriöse Justizreform" forderte, die sich nicht an Einzelinteressen ausrichte.

Unmittelbar nach der Abstimmung protestierten mehrere hundert Menschen vor dem Senat gegen das "18. Sondergesetz für Silvio Berlusconi". Die Bürgerbewegung "Popolo viola" hat für 30.Jänner in zahlreichen Städten zu Kundgebungen zum Schutz der Verfassung aufgerufen. Eine Verfassungsklage gegen das neueGesetz gilt als wahrscheinlich. Ungewiß ist, ob Staatspräsident Giorgio Napolitano den Text in vorliegender Form gegenzeichnet. (Gerhard Mumelter aus Rom/derStandard.at, 20.1.2010)