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Der türkisch-zyprische Chefverhandler Özdil Nami ist  zuversichtlich, dass in der nächsten Verhandlungsrunde einige Themen abgeschlossen werden können.

Foto: epa/Katia Christodoulou

Präsident Demetris Christofias als Vertreter der griechischen und Mehmet Ali Talat als Chef der türkischen Volksgruppen haben schon 60-mal konferiert. Bisher gab es noch keinen Durchbruch. Der türkisch-zyprische Chefverhandler Özdil Nami ist aber zuversichtlich, dass in der nächsten Verhandlungsrunde (25.–27.Jänner) einige Themen abgeschlossen werden können.

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STANDARD: Was erwarten Sie von der kommenden Gesprächsrunde?

Nami: Wir haben schon auf der Führungsebene entschieden, dass die Führer die Regierungsführung weiter diskutieren werden. Es gibt bereits viel Annäherung und ich hoffe, dass sie in der nächsten Runde in der Lage sein werden, diesen Punkt fast abzuschließen.

STANDARD: Bei der Regierungsführung geht es um die Machtteilung zwischen Norden und Süden. Wie schaut die Lösung aus?

Nami: Am 23. Mai 2008 wurde bereits vereinbart, dass es eine föderale Regierung geben wird und die türkischen und griechischen Zyprioten eine bizonale und bikommunale Föderation bilden werden und dass es zwei Staaten mit gleichem Status geben wird. Diese Föderation wird eine einzige internationale Personalität haben. Das Regierungsmodell ist im Einklang mit diesem Statement.

STANDARD: Die vergangenen Gesprächen waren nicht erfolgreich. Und die letzte Runde hat etwas weitergebracht?

Nami: Korrekt.

STANDARD: Was sind jetzt noch die kritischen Punkte, die einer Vereinbarung im Weg stehen?

Nami: Es ist aussichtsreich, dass einige Themen nun abgeschlossen werden können. Bei der Regierungsführung, der Wirtschaft und in EU-Fragen, sind beide Seiten sehr nahe beieinander. Aber in Eigentumsfragen, zum Thema Sicherheit und Territorium muss noch viel ausdiskutiert werden.

STANDARD: Hat die neue Regierung unter Giorgos Andrea Papandreou in Athen die Volksgruppengespräche beeinflusst?

Nami: Die Unterstützung von Griechenland ist von Bedeutung. Wir hoffen, dass es den Prozess unterstützen wird, der unausweichlich Kompromisse mit sich bringen wird. Beide Führer müssen von ihren Mutterländern unterstützt werden, damit sie ihren Leuten sagen können, warum die notwendigen Kompromisse umgesetzt werden müssen.

STANDARD: Aber sehen Sie eine Veränderung von der griechisch-zypriotischen Seite seit Papandreou an der Macht ist?

Nami: Die griechisch-zypriotische Seite hat in der letzten Runde einige konstruktivere Vorschläge gemacht. Ich bin mir aber nicht so sicher, dass dies wegen dem Regierungswechsel war. Ich denke, dass die für sich selbst entscheiden. Aber sie bitten um Unterstützung aus Griechenland.

STANDARD: Es gibt Umfragen, die besagen, dass der Nationalist Derviş Eroğlu die Wahlen gewinnen könnte. Was wird es für die Volksgruppengespräche bedeuten, wenn Talat nicht mehr Präsident sein wird?

Nami: Das wird natürlich sehr viel verändern. Herr Talat hat tatsächlich eine Vision für die Lösung des Zypern-Themas. Aber sein größter Herausforderer hat eine andere Vision.

STANDARD: Heißt das, dass die Gespräche dann scheitern könnten?

Nami: Ja, das würde ein anderes Resultat sein. Dass würde sicherlich ein Signal sein, dass die türkischen Zyprioten ihre Vision von einer Einigung für Zypern geändert haben und das würde mit Sicherheit Auswirkungen auf dem Verhandlungstisch haben. Ich kann nicht sagen, ob es dann möglich sein wird, dass die Gespräche dann fortgesetzt werden können. Aber es würde sicherlich heißen, dass die türkische Seite ihre Position ändern wird.

STANDARD: Von wem hängt eine Wiedervereinigung Zyperns ab? Vom Druck aus Brüssel oder von der Uno oder braucht es ein Signal aus Ankara und Athen?

Nami: Was es braucht auf der griechisch-zypriotischen Seite ist, dass sie sich mit uns einigen, dass man diese Gespräche noch mehr intensivieren muss und Kompromisse schneller erreichen muss. Die türkisch-zypriotische Seite hat immer wieder um Schlichtung durch die Uno gebeten, darum dass man den UN-Plan (Kofi Annan hat 2004 einen Plan zur Wiedervereinigung von Zypern erstellt, Anm. der Red.) als Basis verwendet, damit man effizienter verhandeln kann. Die griechisch-zypriotische Seite hat weiterhin zu all diesen Dingen „Nein, nein, nein“ gesagt. Das ist das Haupthindernis. Wenn die sich darauf verständigen, sich schneller zu bewegen, dann erhöhen wir die Chancen für eine Einigung. Aber jetzt ist es so, dass die griechisch-zypriotische Öffentlichkeit, weil sie ein Mitglied der EU geworden ist, glaubt, dass sie einem Kompromiss nicht zustimmen muss. Diese Erwartung muss gebrochen werden. Und da tragen die Mitgliedstaaten der EU und die EU eine große Verantwortung. Denn es war ein großer Fehler ein Land hineinzulassen, dass nicht seine eigenen Probleme gelöst hatte. Also muss etwas getan werden, um diesen Fehler zu korrigieren.

STANDARD: Aber was kann das Werkzeug sein, um die Meinung in Nikosia zu ändern?

Nami: Zwei Tage nach dem Referendum 2004 (zum Annan-Plan, gegen den die Südzyprioten gestimmt haben, Anm. der Red.), hat der Europäische Rat beschlossen, die Isolation der Nordzyprioten zu beenden. Diese Entscheidung wurde nur teilweise umgesetzt. Wenn mehr Schritte unternommen werden würden, dies umzusetzen, würde das ein starkes Signal gegenüber der griechisch-zypriotischen Öffentlichkeit sein, was deren Führer während der Verhandlungen entgegenkommender machen würde.

STANDARD: Welche konkreten Schritte sollte die EU da machen?

Nami: Wenn die griechisch-zypriotische Seite noch einmal „Nein“ sagt, sollte ein klares Signal gesandt werden, dass alle Handels-, Reise- und kulturellen Beschränkungen nach einander aufgehoben werden. Und der Prozess der Normalisierung in den Beziehungen zu Nordzypern wird beginnen. Es muss Entschlossenheit gezeigt werden. Und wenn es zum Scheitern kommt, muss die Uno urteilen, wer daran schuld ist. Wir sind uns schon im Klaren, dass Griechen und die griechischen Zyprioten auch Teil der EU sind und es daher fraglich ist, wie die EU so eine starke Haltung einnehmen kann. Aber es muss getan werden, um eine Zustimmung zur Einigung in den Verhandlungen zu bekommen.

STANDARD: Auch beim Thema Kosovo gibt es keine einheitliche Meinung in der EU. Kann der Kosovo Auswirkungen auf Zypern haben?

Nami: Wenn die Verhandlungen noch einmal wegen der griechisch-zypriotischen Seite scheitern, werden die Erwartungen auf der türkisch-zypriotischen Seite sein, dass die politische Isolation beendet wird. Und während dieses Prozess kann man erwarten, dass einige Ländern die Türkische Republik Nordzypern anerkennen. Wie schon im Kosovo-Fall, könnten, wenn die Mitgliedstaaten sich nicht einigen, einige anerkennen und andere nicht. Oder diese Anerkennung wird von nicht EU-Staaten kommen. Aber im Moment sind wir nicht auf dieses Szenario konzentriert, sondern, wir konzentrieren uns darauf, eine Lösung zu finden, die für beide Seiten akzeptabel ist.

STANDARD: Haben Sie Signale bekommen, dass EU-Staaten Nordzypern anerkennen könnten?

Nami: Nein von EU-Staaten noch nicht. Aber es gibt starke Signale und Entschlossenheit von vielen EU-Staaten, dass zumindest die wirtschaftliche Isolation in so einem Szenario aufgelöst werden muss. (Langfassung des in DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2010 erschienenen Interviews)