Der heimische Songwriter Florian Horwath veröffentlicht mit "Speak To Me Now" ein kräftiges Statement im Zeichen sanftmütigen Songwritings. Ab Freitag geht er damit auf Tournee.

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Lärm darf zwischendurch auch sein.

Wien - Es sei noch gar nicht so lange her, da habe er sich die erste elektrische Gitarre seines Lebens gekauft. Ausprobiert habe er sie zwar noch nicht. Milder Schauer ergreift hier den als sanftmütig verschrienen Songwriter. Schließlich sei modernem Teufelszeug wie Facebook, Feedback oder Taschentelefon grundsätzlich skeptisch gegenüberzutreten.

Dank eines unverändert jugendlichen Willens zur Veränderung der Zustände sei der ehemalige DJ (Künstlername Tschamba Fii), Technorocker (Grom) und FM4-Mitarbeiter in seinen reifer gewordenen Jahren als demnächst Hausaufgaben lösen müssender Vater und derzeitiger Musikbeauftragter für ein aus dem Salzburgischen stammendes Energiegetränk mit globalen Auswirkungen für Extremsport, CO2-Bilanz, Adrenalin-TV und die rotstierige Zeitschriftenlandschaft aber auf jeden Fall zuversichtlich.

In seinem künstlerischen Leben werde dank entsprechender Sozialisation über alten Lärm und melodiöse Rührung verbindende Grunge-Götter wie Dinosaur Jr. vielleicht schon mit dem nächsten Album für Abwechslung in seinen Liedern gesorgt. Lärm, so die gängige These, sei in dieser Welt nicht nur ein mit Dezibel hochgejazztes Geräusch. Auf dem fuhr die Weltjugend schon vor der Erfindung des Snowboards mit Außenmotor talwärts ins Verderben, unter anderem zu falschen Freunden und richtigen Drogen. Lärm entstehe aber auch über den Aufruhr des Herzens. Insofern: interessant!

Schlaffheit als Stärke

Florian Horwath, der sympathische, aus Innsbruck stammende und nach einem längeren Ausflug in die immerwährende Technonacht von Berlin wieder in Wien ansässige Songwriter in seinen Thirtysomethings, spricht im Interview auch gern davon, dass Intensität nicht notwendigerweise über Heftigkeit im Ausdruck entstehe.

Mit seinem Debütalbum We Are All Gold von 2005 und dem international gefeierten Nachfolger Sleepyhead von 2008 bewies Horwath auf eindrückliche Weise, dass offensichtliche, manchmal zur Schlaffheit neigende Sanftmut nicht unbedingt ein Zeichen der Schwäche sein muss.

Mit hoher, gebrechlicher, in den Spitzen splissender Kopfstimme, akustischer Gitarre und einem an Cat Stevens wie Neil Young erinnernden Habitus hat Horwath nun auch sein neues Album Speak To Me Now eingespielt. Produziert hat der befreundete deutsche Autor und Sänger Sven Regener (Herr Lehmann, Element of Crime). Und da der hier auch als Gänsehauttrompeter tätige Regener streng und schnell arbeitet und Horwath kein Freund des Rückzugs aus Verzagtheit ist, stehen die neuen, spartanisch arrangierten Lieder nun mit offenen Flanken vor dem Hörer. In diese könnten sich am Herzen Verhärtete sofort bohren und ungehindert ihr Zerstörungswerk anrichten.

Diese Lieder jammern, klappern, eiern und rühren. Der Titelsong erinnert an Velvet Underground. An anderer Stelle piekst man sich an Rosen aus dem Garten des Weird Folk. Schließlich badet man altmännerselig in mit Omnichord-Keyboard behübschten, nach Karibik-Tapete klingenden 70er-Jahre-Abgefeimtheiten wie Crocodile Smile und seiner feinen Textzeile: "Do the Paco Rabanne - and I'll be your KRS-One." Am Ende schunkeln wir der Sperrstunde mit dem Schubidu-Walzer When We Dance oder dem Shuffle Like A Hurricane entgegen.

Jetzt noch kurz an der lustigen Zigarette gezogen. Dann können wir uns mit Mineralwasser am Nachtkasterl endlich zur Ruhe begeben. Es war ein guter Tag. (Christian Schachinger / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.1.2010)