Bild nicht mehr verfügbar.

Jean-Claude Duvalier will Geld spenden, das beschlagnahmt wurde.

Foto: AP / Kathy Willens

Wo steckt Baby Doc? Seit dem Erdbeben versuchen französische Journalisten, den haitianischen Diktator ausfindig zu machen. Jean-Claude Duvalier hatte die Funktion eines "président-dictateur"- wie die Haitianer sarkastisch meinen - 1971 von seinem Vater François geerbt. Nach seiner Schreckensherrschaft, die er wie Papa Doc mit den berüchtigten Tonton-Macoutes absicherte, flüchtete er 1986 in einem amerikanischen Militärflugzeug an die französische Côte d'Azur.

Im Luxusort Mougins - wo auch Ex-Bawag-Vorstand Helmut Elsner vor seiner Verhaftung lebte - bewohnte Duvalier mit seiner Frau und den 120 Millionen, die er am haitianischen Volk vorbei aus dem Land geschmuggelt hatte, eine Zehn-Zimmer-Villa. In den Neunzigerjahren beschlagnahmte Frankreich auf Druck von Dritte-Welt-Organisationen sein Geld.

Nach seiner Scheidung lebte Baby Doc im Untergrund - in vereinzelten Meldungen wurde er sogar als "Clochard" bezeichnet. Das dürfte doch zu dick aufgetragen gewesen sein. Wahrscheinlich lebt er in Paris im 20. Stadtbezirk, wo viele Haitianer leben, in einer unscheinbaren Wohnung.

Nun will sich Bébé Doc wieder die Gunst seines Volkes erkaufen. In einem Mail an den amerikanischen Informationsanbieter Daily Beast meinte er, er wolle nach dem Erdbeben fünf Millionen Euro von seinem Vermögen nach Port-au-Prince schicken. Dieses Geld liege auf Bankkonten in der Schweiz, die sein Vermögen blockiert habe - und es nun an die Erdbebenopfer schicken solle.

So einfach liegen die Dinge aber nicht. Die Schweiz hat die blockierten Gelder - im Umfang von 7,6 Millionen Dollar - nach einem langen Gerichtsverfahren Haiti zurückerstattet. Eine liechtensteinische Stiftung der Duvalier-Familie ficht dieses Urteil noch an. Aussicht auf Erfolg - das heißt auf den Rückerhalt der Millionen - hat sie aber kaum.

Deshalb bietet Duvalier letztlich Geld an, über das er gar nicht verfügt - und das er einmal dem Volk gestohlen hatte. Um sich zu diesem Umstand nicht äußern zu müssen, empfing Baby Doc auch keinen Journalisten von Daily Beast. Er begründete dies damit, er sei zu berührt vom Schicksal seiner Landsleute. Eher entspricht er dem Diskretionsgebot der französischen Behörden, die seinen Wohnort nicht kennen wollen, auch wenn der Geheimdienst zweifellos genauestens im Bild ist.

Paris will heute so wenig Aufhebens wie möglich um den einstigen Karibik-Despoten machen. Vor Jahren war schon die Luxusvilla des zairischen Alleinherrschers Mobutu an der französischen Riviera in die Kritik geraten. Zudem will Frankreich auch andere Fragen vermeiden. Viele Haitianer sähen gerne die 90 Millionen Gold-Francs wieder, die Frankreich im 19. Jahrhundert seiner bettelarmen Ex-Kolonie abgeknöpft hatte, um sie in Ruhe zu lassen. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2010)