Wien - "Dieses Projekt entstand in unseren Jugendträumertagen", erinnert sich Leon Lenhart. Und aus diesem Jugendtraum ist diese Gruppe nun schon seit fast 20 Jahren nicht erwacht - sie leben ihn nach wie vor.

Traum vom sozial-ökologischen Wohnprojekt

Geträumt hatten sie damals von einem gemeinsamen, partizipativen Wohnprojekt, bei dem soziale und ökologische Ideale gelebt werden können. Gefunden hatte sich die Gruppe in ihrer Kirche in der Endresstraße in Wien-Atzgersdorf. "Eine jener lebendigen Basisgemeinden, wie sie damals im Schwung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entstanden ist", berichtet Lenhart.

"Damals hatten wir gesagt: Machen wir doch etwas gemeinsam" - und sie fanden ein Objekt, in dem sie nicht nur in geistiger, sondern auch in räumlicher Nähe zu ihrer offenen Kirche leben konnten: das aufgelassene Kloster gleich daneben.

"Eine Art Dorf in der Stadt"

1991 wurde es gekauft und fünf Jahre später bezogen. Sie schufen nicht nur Wohnungen für die 35 Erwachsenen und derzeit ebenso vielen Kinder, sondern auch einen Kindergarten im Erdgeschoß, gemeinschaftliche Gästezimmer sowie drei Wohnungen für Flüchtlinge und soziale Notfälle. Sie nützen einen gemeinsamen Mailserver - und beziehen ein gemeinsames Biokistl. Nur etwa bei den ursprünglich geplanten Gemeinschaftsautos mussten sie in der Realität Abstriche machen. Alles in allem sei "eine Art Dorf in der Stadt" entstanden.

Zweites Projek: Generationenübergreifendes Wohnen

Bei der Zehn-Jahre-Feier kam in der Gruppe dann die Frage auf: "Wie geht's weiter?" Und da fiel der Entschluss, das ganze noch einmal zu versuchen: ein zweites derartiges Projekt zu starten.

Derzeit laufen bereits die Vorbereitungen für dieses neue "Projekt Gennesaret": In unmittelbarer Nähe sollen nicht nur weitere Wohnbauten nach der Mitbestimmung ihrer künftigen Bewohner errichtet werden, sondern auch eine Schule und Angebote für ein generationenübergreifendes Wohnen. Rund ein Drittel der künftigen Wohnungen soll gezielt Menschen angeboten werden, "die in ihrer zweiten Lebenshälfte stehen". Für sie soll in der Erdgeschoßzone auch ein soziales Zentrum für Betreuung, Therapie, Physio- und Ergotherapeuten entstehen.

Öko-Schwerpunkt

Bei diesen "Gennesaret"-Bauten soll wieder die Mitbestimmung und das soziale Leben - aber diesmal auch "ein stärkerer Öko-Schwerpunkt verwirklicht werden", betont Lenhart. Etwa mit einer Bauweise im Passivhaus-Standard und mit Car-Sharing.

Wenn sich eine Gruppe findet, sollen den künftigen Bauwerbern schon im Vorfeld an vier Wochenenden Workshops mit Themenschwerpunkten angeboten werden: Experten werden zu den Bereichen ökologischer Fußabdruck, Solidarität, Spiritualität und Gemeinschaftsleben beraten.

Spiritualität "auf Basis von christlichen Werten"

Wobei Lenhart gerade beim Punkt Spiritualität betont, dass es sich um kein katholisches oder evangelisches Wohnprojekt handle, sondern dass man grundsätzlich versuche, hier "auf Basis von christlichen Werten" zu leben. Baulich manifestiert sich dies etwa auch in einem eigenen Gebets- und Meditationsraum.

Niedriges Schulgeld

Auch die künftige Schule soll ökumenisch geführt werden - "das sind schließlich unsere Wurzeln". Der angenehme Nebeneffekt: Bei einer konfessionellen Schule ist das Schulgeld niedriger als in anderen Privatschulen.(Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe 21.1.2020)