Wien - Österreich wird die Folgen der Wirtschaftskrise noch länger zu spüren bekommen und aufgrund des starken Ostengagements den bisherigen Wachstumsvorsprung gegenüber den anderen europäischen Länder etwas einbüßen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird von 2010 bis 2014 real um durchschnittlich 1,8 Prozent pro Jahr zunehmen. Das Wachstum werde jährlich um knapp 0,75 Prozentpunkte geringer ausfallen als im Durchschnitt des letzten Jahrzehnts vor der Wirtschaftskrise 2008/09. Das starke Engagement der österreichischen Banken in Ostmitteleuropa und Südosteuropa berge obendrein noch beträchtliche Risiken, so die Einschätzung des Wifo.

Vor allem auf den Arbeitsmarkt und auf die öffentlichen Haushalte werde die Rezession noch länger nachwirken, die Inflation werde dagegen niedrig bleiben. Ab dem Jahr 2011 werden Maßnahmen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte die Nachfrage dämpfen, aber eine Senkung des Budgetdefizits bewirken, schätzen die Wirtschaftsforscher. Die Vergabe von Risikokapital für Unternehmen sowie die Kreditversorgung des privaten Sektors zur Finanzierung von Ausrüstungs- und Bauinvestitionen und Konsum bleiben restriktiv. Da manche der größeren Bauprojekte 2009 noch nicht umgesetzt werden konnten, sollte ihre Wirkung im Jahr 2010 zum Tragen kommen und damit den Aufschwung unterstützen.

Das nicht zuletzt aufgrund der hohen Lohnabschlüsse verfügbare reale Haushaltseinkommen habe im Jahr 2009 in Österreich, im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern des Euro-Raumes, eine Zunahme des privaten Konsums von einem halben Prozent ermöglicht. Jedoch sei ein größerer Teil des Einkommensanstiegs als in den letzten Jahren in die Ersparnisse geflossen. Für den Prognosezeitraum 2010/2014 werde mit einem Konsumwachstum von 1 Prozent gerechnet, das um knapp einen halben Prozentpunkt niedriger sei als in der Fünfjahresperiode vor der Krise, so die Wirtschaftsforscher am Donnerstag. Bis 2014 dürfte die Inflationsrate in Österreich durchschnittlich 1,5 Prozent betragen.

Mehr Exporte

Die Belebung des Welthandels bewirke eine Zunahme der österreichischen Exporte um durchschnittlich 5,5 Prozent pro Jahr, um knapp einen Prozentpunkt weniger als in den zehn Jahren vor der Krise. Das Anspringen der Exportkonjunktur werde im Jahr 2010 aufgrund der sehr geringen Kapazitätsauslastung noch keine Belebung der Investitionstätigkeit auslösen. Über den gesamten Prognosezeitraum sollten die Investitionen um durchschnittlich 2 Prozent jährlich zunehmen. Nach wie vor hänge das Ostengagement der heimischen Banken wie ein Damoklesschwert über dem Steuerzahler. Dieses berge noch erhebliche Risiken, warnt das Wifo. Die Stabilisierung der Finanzmärkte und des Bankensystems sei noch fragil.

Die Ausweitung von Kurzarbeit, Schulungen und Bildungskarenz habe den Anstieg der Arbeitslosenzahl im Jahr 2009 zwar um etwa 13.000 gebremst, die Arbeitslosigkeit werde aber eine zentrale wirtschaftspolitische Herausforderung der kommenden Jahre bleiben, schätzt das Wifo. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen dürfte von 2008 bis 2014 um gut 90.000 auf über 300.000 steigen. Im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2014 dürfte die Arbeitslosenquote (laut AMS-Definition) 8,1 Prozent erreichen. Nach Meinung des Wifo werde der freie Zustrom von Fachkräften aus den neuen EU-Ländern seit dem Jahr 2009 und das Ende der Übergangsfristen im Jahr 2011 die Pendler- und Zuwanderungsströme erhöhen.

Die Staatsausgaben werden das Defizit der öffentlichen Haushalte 2010 auf 5,25 Prozent des BIP steigen lassen. Neben der Verbesserung durch die Konjunkturerholung müssen Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung ergriffen werden, falls die Defizitquote bis zum Jahr 2014 wieder auf unter 3 Prozent des BIP gesenkt werden soll, mahnt das Wifo ein.

Auch in den kommenden Jahren werden die Rohöl- und Rohstoffpreise anziehen - von 60 Dollar je Barrel im Jahr 2009 auf 100 Dollar im Jahr 2014. Von inländischen Faktoren werden in den kommenden Jahren kaum inflationäre Effekte ausgehen. (APA)