Die Ermittler bei der Spurensicherung am Tatort in Wien-Ottakring. Der 27-jährige Polizist wurde von zwei Schüssen in Oberkörper und Bein getroffen und lebensgefährlich verletzt.

Foto: Standard/Robert Newald

 Verhaftet wurde er aber bereits drei Tage nach der Tat und saß seitdem in Schubhaft.

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Wien - Für Mihailo J., der am 12. Jänner in Wien-Ottakring einen Polizisten angeschossen und schwer verletzt haben soll, klickten bereits am 15. Jänner die Handschellen. Der 33-Jährige dürfte zunächst nach Budapest geflüchtet und dort zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln weitergereist sein. "Am 15. Jänner wurde der Mann dann gegen neun Uhr in Ungarn in der Nähe von Szeged an der serbischen Grenze festgenommen. Er wollte offensichtlich zu Fuß über die grüne Grenze gelangen" , erläutert Ernst Hoffmann vom Landeskriminalamt (LKA) Wien.

Der Serbe sei "querfeldein unterwegs" gewesen und habe bei einer Kontrolle durch ungarische Beamte keine Papiere vorweisen können, woraufhin er in ein fremdenpolizeiliches Anhaltezentrum gebracht wurde. Zunächst gab sich der Gefasste als Dragan Marković aus - nachdem er keine Ausweise bei sich hatte, wurde er in Schubhaft genommen. "Das Prozedere ist in solchen Fällen das gleiche wie in Österreich" , so Helmut Reinmüller von der Zielfahndung des Bundeskriminalamtes (BK). Der Verdächtigte habe gegenüber den Polizisten angegeben, er hätte mit seiner Freundin eine Autopanne gehabt und wollte Hilfe holen. Bewaffnet dürfte Mihailo J. zu dem Zeitpunkt nicht mehr gewesen sein.

Der entscheidende Hinweis für die ungarischen Behörden dürfte von einem burgenländischen Polizeibeamten gekommen sein, der den ausländischen Kollegen Fahndungsfotos des fieberhaft gesuchten Serben übermittelte. Bei der ungarischen Polizei bemerkte man dann die auffallende Ähnlichkeit zwischen Dragan Marković und Mihailo J. und verständigte am vergangenen Mittwoch die österreichischen Kollegen.

"Dann ging es Schlag auf Schlag, der österreichische Beamte fuhr in das Anhaltezentrum, wo er den Gesuchten schließlich identifizierte" , schildert Hoffmann die Ereignisse. Klarheit hatten die Ermittler aber erst am Donnerstag, als der Abgleich der Fingerabdrücke den Gefassten als gesuchten Polizeiattentäter überführte.

Familie half bei der Flucht

Den Fahndern zufolge dürfte der Mann auf dem Weg nach Belgrad gewesen sein, wo er viele Verwandte - vorwiegend in der Gegend um Belgrad und Novi Sad - hat. Die österreichischen Beamten waren Donnerstagvormittag bereits unterwegs nach Ungarn zur Einvernahme des mutmaßlichen Täters. Die Haftverhandlung soll am Freitag in Ungarn stattfinden, eine Auslieferung sei schon in den nächsten Tagen möglich, stellte Reinmüller klar. Die rasche Flucht ins Ausland dürften zahlreiche Familienmitglieder und Bekannte ermöglicht haben. So viele Polizisten seien noch nie in so kurzer Zeit von so vielen Menschen angelogen worden, sind sich die Ermittler einig.

Der von zwei Schüssen getroffene Polizist liegt weiter im Tiefschlaf. Die Ärzte hatten am Mittwoch die Aufwachphase fast beendet, als Probleme mit der Lunge auftraten. Der Beamte wurde sofort wieder in den Tiefschlaf versetzt und soll nun am Wochenende erneut aufgeweckt werden. Zumindest konnte das Opfer in der kurzen Wachphase seine Beine bewegen. Die Ärzte schließen damit die befürchtete Querschnittlähmung aus. Ein Projektil war an der Wirbelsäule des Mannes stecken geblieben. (red, APA)