London - Oral einzunehmende Medikamente gegen Multiple Sklerose (MS) könnten nach vielversprechenden Ergebnissen bei zwei Tests 2011 auf den Markt kommen. Um die Zulassung wurde bereits angesucht. Derzeit ist eine Behandlung nur mit Injektionen oder Infusionen möglich.

Jeweils mehr als 1.000 Menschen in mehr als 18 Ländern hätten an den entsprechenden Studien teilgenommen, berichtet das New England Journal of Medicine. Multiple Sklerose gehört zu den häufigsten körperlich beeinträchtigenden neurologischen Erkrankungen bei jungen Erwachsenen. Allein in Großbritannien sind mehr als 100.000 Menschen betroffen. Weltweit leiden rund 2,5 Mio. Menschen an MS.

Rückfallquote sinkt um bis zu 60 Prozent

Cladribin und Fingolimod, die als Tabletten eingenommen werden können, verringerten im Vergleich mit Blindpräparaten die Rückfallquote innerhalb von zwei Jahren um 50 bis 60 Prozent. Fingolimod wurde auch im Vergleich zu einer weit verbreiteten Inkjektion, Beta-Inferon 1a, getestet. Es zeigte sich, dass das neue Medikament doppelt so effektiv die Anzahl der Schübe innerhalb eines Jahres verringern konnte.

Fingolimod ist ein Arzneistoff zur Therapie von schubförmig verlaufender Multipler Sklerose, dessen Wirkung auf einem neuartigen Prinzip beruht: Das als Tablette verabreichte Medikament verhindert, dass potenziell schädliche Immunzellen aus den Lymphknoten in die Blutbahn gelangen. Dadurch können diese nicht zur Entstehung von Entzündungen im Zentralen Nervensystem beitragen, die für einen Grossteil der Krankheitserscheinungen bei Multipler Sklerose verantwortlich gemacht werden. Zudem zeigen Untersuchungen, dass der Arzneistoff auch direkt mit Zellen des Zentralen Nervensystems reagiert, wo er eine schützende Wirkung entfalten und teilweise die Wiederherstellung von Gewebe fördern kann.

Der Nachteil der derzeitigen Behandlungsansätze besteht darin, dass sie entweder injiziert oder als Infusion verabreicht werden müssen. Die Betroffenen hoffen seit langem auf die Entwicklung eines Medikaments in Tablettenform. Mehrere Pharmaunternehmen haben versucht, eine derartige Tablette zu entwickeln. Diese Applikationsform bringt für die Patienten große Vorteile, mehr Freiheiten und den Wegfall unangenehmer Injektionen, betont Doug Brown von der MS Society.

Vernünftige Preise angemahnt

Die MS-Expertin Belinda Weller begrüßte die Studienergebnisse ebenfalls. Sie äußerte jedoch Bedenken über mögliche Nebenwirkungen. Laut den Tests könnte es ein erhöhtes Herpes- und Krebsrisiko geben. Zusätzlich könnten die Kosten für die Behandlung von MS steigen. Mehr Patienten würden die neuen Medikamente nehmen wollen. Es gäbe Fälle, bei denen eine Behandlung derzeit aufgrund der Abneigung gegen Injektionen abgelehnt werde. Die MS Society forderte die Pharmaunternehmen auf, die Preise für die neuen Medikamente in einem vernünftigen Rahmen festzusetzen. (pte/red))