Rom - Zu schweren Übergriffen auf Arbeitsmigranten ist es Freitagabend in der Kleinstadt Rosarno in der süditalienischen  gekommen. Zwei afrikanische Einwanderer wurden mit Schrotflinten angeschossen und dabei leicht verletzt. Zwei weitere Migranten wurden durch Schläge mit Eisenstangen schwer verletzt. Nach Angaben italienischer Medien fuhren Einwohner der Stadt außerdem fünf Afrikaner absichtlich mit ihren Autos an.

Daraufhin versammelten sich rund hundert mit Knüppeln und Eisenstangen bewaffnete Einwohner von Rosarno in der Nähe eines Lokals, in dem sich viele Migranten aufhielten, und bauten Barrikaden auf. Einige Einwohner hatten Kanister mit Benzin dabei, andere besetzten das Rathaus. "Wir werden nicht weggehen, bis alle Migranten Rosarno verlassen haben", erklärten einige Einwohner der Gemeinde.

Migranten in Lager überstellt

Aus Angst vor Racheaktionen beschloss die Polizei, die afrikanischen Migranten wegzubringen, die als Tagelöhner in den Orangenfeldern der Gegend eingesetzt werden. 300 Migranten, die in einer verlassenen Fabrik in Rosarno leben, wurden am Samstag in ein Auffanglager in die kalabresische Stadt Crotone gebracht. Ihre Abfahrt in Bussen wurden von den Einwohnern Rosarnos mit Applaus begrüßt.

Der Polizeieinsatz in Rosarno wurde verstärkt, um weitere Gewalttätigkeiten zu verhindern, die schon am Donnerstagabend ausgebrochen waren. Die Unruhen waren nach Schüssen auf eine Gruppe von Einwanderern entflammt. Dabei wurde ein Afrikaner verletzt. Dutzende Afrikaner setzten daraufhin in Rosarno Autos in Brand, zertrümmerten Schaufenster und riefen "Wir sind keine Tiere". Der einheimischen Bevölkerung warfen sie Rassismus vor. Bei den Unruhen in Rosarno wurden nach Polizeiangaben insgesamt 38 Personen verletzt.

Der Mafia ausgeliefert

Die meisten der 2.500 Afrikaner, die in der 15.000-Seelen-Gemeinde leben, wohnen in Baracken oder in verlassenen Fabriken ohne Strom und Toiletten. Sie arbeiten 15 Stunden pro Tag für 25 Euro am Tag. Einen Teil ihres Lohns müssen sie der 'Ndrangheta, dem kalabresischen Arm der Mafia, als Schutzgeld abliefern. Wer nicht bezahlt, riskiert gewaltsame Übergriffe. Nur die Hälfte der Migranten hat eine Aufenthaltsgenehmigung.

Vertreter des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) zeigten sich über die Unruhen besorgt und warnten vor weiteren Übergriffen gegen Flüchtlinge und Asylsuchende. Nach Angaben der Gewerkschaft CGIL leben rund 50.000 Migranten in Italien unter ähnlich schlechten Bedingungen wie in Rosarno. Der italienische Präsident Giorgio Napolitano erklärte, die Gewalt müsse ohne Verzögerung beendet werden. Am Samstagnachmittag ist vor dem Innneministerium in Rom eine Protestkundgebung von Migranten und Anti-Rassismus-Organisationen geplant. (APA, red, 9.1.2010)