Der Österreicher beherrscht traditionell allerlei Künste, und das Gewinnen von Abfahrtsrennen ist nicht die geringste unter ihnen. Nun steckt diese Kunst, die so exakt messbar ist wie keine andere, in der Krise. Die Herrschaften haben noch keinen Sieg landen können in dieser Weltcupsaison, die am Samstag auf der Kitzbüheler Streif gipfelt. Olympia steht vor der Tür, und bis dato erfüllen nur drei Abfahrer das Limit. Wo sind die Zeiten geblieben, in denen eine Unzahl die Norm lieferte, die interne Qualifikation bisweilen das Niveau der Titelkämpfe übertraf, Goldkandidaten zu Hause bleiben mussten?

Wenn das kein Skandal ist. Die Trainer werden zum Rücktritt aufgefordert, doch ihr Präsident steht dicht hinter ihnen. Schließlich pflegen im Gegensatz zum Kicken Trainerwechsel während der Saison nur bei groben Verfehlungen vollzogen zu werden. Die jetzt Kritisierten zeichnen für eine lange Siegesserie verantwortlich. Vom aktuellen Kriserl jedoch sind sie nicht freizusprechen. Schließlich ist daran die am längsten währende Dominanz einer Nation, die trotz fehlenden Abfahrtssieges heuer zum 20. Mal en suite den Nationencup gewinnen wird, genauso schuld wie etwa die derzeit unverschämt starke Schweiz. Denn abgesehen davon, dass aus einer großen Wolke bisweilen wenig Regen fällt, ging für den Nachwuchs kaum eine Türe auf. Jetzt steht sie sperrangelweit offen. (Benno Zelsacher, DER STANDARD Printausgabe 22.01.2010)