Schon wieder geben sich einige der Illusion hin, Strache befinde sich auf dem absteigenden Ast, nur weil er sich zu weit mit der braun kostümierten Unschuldsvermutung aus dem Süden eingelassen hat. Ein wenig erinnert das an die Zweifel vor dem Triumphparteitag des Vereinigungswillens, ob die treuherzige Brutalität Uwe Scheuchs für eine glaubwürdige Mehrheit ausreichen könne - er hat sie mit 90 Prozent vom Tisch gewischt. Jörg Haider wurde wiederholt für erledigt erklärt, aber nur einer hat das final erledigt - er selbst. Die jetzige Hoffnung beruht auf dem Missverständnis, ein reiner Engel der Enterbten aus Wien habe sich gutgläubig mit dem Virus carinthicum infiziert, sowie auf der Illusion, Menschen würden über Nacht verabscheuen, was sie noch gestern als Lust am Bierzeltevent genossen und als Erlösung von bürgerlicher Anständigkeit gefeiert haben.

Mögen Meinungsumfragen für den Augenblick diese Hoffnung nähren, gibt es wenig Grund, ihr für die Zukunft zu erliegen. Wer das Almosen aus der toten Hand des Landeshauptmannes bisher als ideale Kombination von Führerkult und Sozialpolitik betrachtet hat, wird damit nicht aufhören, nur weil deren sonst ausländerfeindliche Vollstrecker sich die Mittel dafür durch Ausgießung der österreichischen Staatsbürgerschaft über ausländische Investoren in die FPK beschaffen wollen. Was soll denn dabei sein, wenn damit auch Geld ins Land kommt, das ein zur Entmündigung empfohlener Landeshauptmann verteilen kann?

Aus Kärnten kann Strache höchstens dann dauerhafter Schaden erwachsen, wenn der föderalistisch unterfütterte Versuch seiner Begrenzung nicht mehr zieht, wenn also die misstonangebende Scheuch-Clique mit der Lüge nicht mehr durchkommt, alle Vorwürfe entsprängen nur einer Intrige aus Wien gegen bodenständige Publikumslieblinge, die kein Wässerchen trüben können. Dafür gibt es aber keine Anzeichen. Dass sich die Justiz in der Aufklärung Kärntner Verhältnisse zerspragelt, ist bisher zumindest nicht erkennbar. Noch weniger ist von den Landesparteien zu erwarten, die neben FPK, FPÖ und BZÖ auch noch irgendwie da sind. Die Eintagsfliege an Löwenmut, mit der die dortige Volkspartei einen Aufmucker riskierte, wurde nur noch von dem Personalstreit übertroffen, mit dem die dortige SP ihre Inkompetenz im Kärntner Sumpf neuerlich bestätigte.

Und warum sollte Strache die politische Kultur seiner neuen Freunde außerhalb Kärntens auf Dauer schaden, wenn deren Events - von den Beiträgen zu einer Lösung der Ortstafelfrage bis zur Sanierung des Landes über die Hypo Alpe Adria - im Bund nichts anderes zur Folge haben als jede sonstige Äußerung föderalistischen Unfugs, nämlich ein resignatives Abnicken? Jetzt herrscht Aufregung, aber sie wird sich mit jedem Tag legen, an dem die Schuldigen des Kärntner Debakels politisch und juristisch unbehelligt durch die Gegend grinsen. Und die einiger anderer Skandale auch. Was sollte man schließlich gegen einen Uwe Scheuch haben, solange ein Karl-Heinz Grasser frohgemut sein reines Gewissen vorführt? Und mit dem hat ein Strache weniger zu tun als die Volkspartei. (Günter Traxler, DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2010)