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Zur Person

Philip Alston ist seit 2004 UN-Sonderberichterstatter für außergerichtliche Hinrichtungen. Er war u. a. in Afghanistan, Nigeria und Sri Lanka aktiv. Der Australier ist auch Professor für Völkerrecht in New York.

Foto: Reuters/Gomez

Die USA müssten endlich Informationen über ihre Angriffe und die Zahl der Opfer bekanntgeben, fordert der UN-Sonderberichterstatter Philip Alston im Gespräch mit Julia Herrnböck. Das Programm sei rechtlich fragwürdig.

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STANDARD: Wie beurteilen die Vereinten Nationen die verstärkten US-Drohnenangriffe?

Alston: Aus meiner Sicht ist der Einsatz von Drohnen zu gezielten Tötungen massiv ausgeweitet worden, ohne auf wichtige Aspekte des Völkerrechts Rücksicht zu nehmen. Meine größte Sorge sind im Moment Pakistan und Afghanistan, wo die Drohnen vor allem durch die CIA eingesetzt werden. Wir wissen nicht, nach welchen Kriterien die Ziele bewertet und ausgewählt werden.

STANDARD: Wieso haben sich die Drohnenattacken seit dem Attentat in der CIA-Basis am 30. Dezember so erhöht?

Alston: Die CIA hat das Gefühl, sie müsse eine starke Botschaft übermitteln, nachdem sie sieben Beamte verloren hat. Mit anderen Worten: Das ist ein Rachefeldzug. Sie werden wohl noch mehr Drohnenangriffe durchführen - und das gibt Anlass zur Sorge, dass internationale Regeln missachtet werden.

STANDARD: Woher erhalten Sie Ihre Informationen?

Alston: Wir sind vollkommen abhängig von der Medienberichterstattung, da die CIA keinerlei Informationen preisgibt. Und wir haben Grund zur Annahme, dass nicht alle Angriffe in den Medien gemeldet werden.

STANDARD: Was sind die nächsten Schritte, um den rechtlichen Rahmen für die Drohneneinsätze festzulegen?

Alston: Ich habe vor, meinen Bericht im Juni an die Vereinten Nationen zu übergeben. Dafür verfolge ich die Berichterstattung sehr genau, ich brauche noch mehr Details.

STANDARD: Abgesehen vom rechtlichen Standpunkt: Welche ethischen Fragen wirft der Einsatz ferngesteuerter Waffen für Sie auf?

Alston: Er ist zwar nicht illegal, aber es fehlt der emotionale Bezug zum Geschehen. Der Krieg wird versachlicht. Daher ist es um so wichtiger, Schulungen im Völkerrecht mit den handelnden Personen abzuhalten. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2010)