Wien - Offiziell startet Österreich in das Europäische Jahr der Armutsbekämpfung mit Verspätung - erst am 22. Februar wird es mit einer großen Eröffnungsveranstaltung in Salzburg eingeläutet. 25 Botschafter und Botschafterinnen des Jahres - bekannte Persönlichkeiten wie Barbara Stöckl, Willi Resetarits oder Robert Palfrader - sollen mithelfen, für Öffentlichkeit zu sorgen.
Wie virulent das Thema ist, debattierten am Donnerstag Experten im Sozialministerium bei der Medienkonferenz "Armut - hinschauen, aufzeigen und helfen!". Die Zahlen sollten alarmieren: In Österreich sind 12,4 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet; also rund eine Million Menschen. Knapp die Hälfte (Sechs Prozent/492.000) galten 2008 als "manifest arm" - sprich: Sie können ihre Wohnung nicht angemessen warm halten, Arztbesuche nicht wahrnehmen oder Kleidung kaufen. Im Jahr davor waren es noch um 100.000 Personen weniger.
"2008 war ein Jahr mit hoher Inflation, die besonders bei den Heizkosten und Lebensmitteln spürbar war", so Martin Schenk von der Armutskonferenz. An ein rasches Sinken glaubt er nicht, da die Zahl der Arbeitslosen steige.
Marcel Fink vom Institut für Staatswissenschaften an der Universität Wien sieht das EU-Jahr skeptisch, denn: "Auf Gemeinschaftsebene werden häufig sehr allgemein formulierte gemeinsame Ziele formuliert. Ob und wie diese Ziele verfolgt werden, entscheidet sich jedoch vor allem auf nationalstaatlicher Ebene." Und, fragte Fink: "Wie viele kennen das Thema des vergangenen Europäischen Jahres?" Er lieferte die Auflösung gleich mit: das Jahr zur Kreativität und Innovation. (pm, DER STANDARD - Printausgabe, 22. Jänner 2010)