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Ein nigerianischer Soldat steht neben einem ausgebrannten Fahrzeug, das für den Transport von Tomaten verwendet wurde. In Jos waren bei blutigen Kämpfen zwischen christlichen und muslimischen Gruppen seit Sonntag Hunderte Menschen getötet worden.

Foto: Reuters/Akintunde Akinleye

Jos - Nach den schweren Unruhen zwischen Christen und Muslimen in Nigeria mit schätzungsweise mehr als 450 Toten haben Rettungskräfte in einem Dorf mindestens 150 Leichen entdeckt. Sie seien aus Brunnen in der Ortschaft Kuru Karama geborgen worden, sagte der Ortsvorsteher Umar Baza am Samstag. 60 weitere Menschen wurden aber noch vermisst.

Der Leiter einer muslimischen Freiwilligenorganisation aus dem Dorf, Mohammed Shittu, bestätigte die Angaben. Er vermutete weitere Todesopfer in den Brunnen. Diese müssten nun aber mit Sand zugeschüttet werden, weil die Leichen verwesten. Auf der Suche nach weiteren Opfern wollten die Retter außerdem umliegende Wälder durchsuchen.

Angriff am Dienstag

Wie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) unter Berufung auf Augenzeugen berichtete, war das muslimische Dorf Kuru Karama am Dienstag von bewaffneten Männern angegriffen worden. Bei den Angreifern soll es sich um Christen gehandelt haben. Sie töteten demnach zahlreiche Menschen auf der Flucht, andere wurden bei lebendigem Leib verbrannt. Ein muslimischer Behördenvertreter sagte HRW, unter den Toten seien auch 22 Kinder.

Kämpfe begannen am vergangenen Sonntag

Die tagelangen Kämpfe zwischen Christen und Muslimen hatten am vergangenen Sonntag begonnen. Sie entzündeten sich am Bau einer Moschee in der zentralnigerianischen Stadt Jos und griffen später auf umliegende Städte und Dörfer in dem mehrheitlich von Christen bewohnten Gebiet über.

464 Tote

Offizielle Angaben zur Opferzahl der Unruhen gab es weiter nicht. Religionsvertreter und Sanitäter hatten laut eigenen Angaben bis Mittwoch 288 Tote gezählt. Zusammen mit den 150 in den Brunnen gefundenen Opfern sowie 26 am Samstag in Jos geborgenen Leichen ergab sich eine vorläufige Opferzahl von 464. Nach Angaben des Roten Kreuzes flohen rund 18.000 Menschen vor den Unruhen und kamen in Kirchen, Moscheen und Militärgebäuden unter.

HRW forderte die nigerianische Regierung auf, eine Untersuchung zu den Unruhen einzuleiten. Vizepräsident Goodluck Jonathan hatte am Donnerstag im Rundfunk angekündigt, die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.

In Jos normalisierte sich die Lage unterdessen weiter. Weitere Läden öffneten, auch viele Straßenhändler waren zu sehen. Vor öffentlichen Wasserbrunnen bildeten sich nach der Lockerung einer Ausgangssperre lange Menschenschlangen. Die Armee war weiterhin präsent, hielt sich jedoch im Hintergrund.

Stadt an der Nahtstelle

Jos liegt an der Nahtstelle zwischen dem mehrheitlich muslimischen Norden und dem christlich-animistisch geprägten Süden Nigerias. In den vergangenen Jahren kam es der Region immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Christen und Muslimen, im Jahr 2008 wurden dabei 200 Menschen getötet.

Die nigerianische Justiz entschied am Freitag, dass über das Machtvakuum an der Spitze des Staates eine Entscheidung der Regierung herbeigeführt werden muss. Innerhalb von zwei Wochen solle das Kabinett sich dazu äußern, ober der gesundheitlich angeschlagene Präsident Yar'Adua weiter seine Amtsgeschäfte ausüben könne, erklärte der High Court in Abuja. Yar'Adua hatte sich Ende November zur Behandlung nach Saudi-Arabien begeben und wurde seither nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. (APA)