Wien - Die lang erwartete neue Energiestrategie für Österreich soll bis Februar vorliegen, danach soll der Ministerrat damit befasst werden. Dies kündigte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (V) im neuen VEÖ-Journal der heimischen E-Wirtschaft an. Die Arbeitsgruppenergebnisse, die 150 Experten seit vorigem Frühjahr erarbeitet haben, evaluieren nun Wifo, E-Control, Umweltbundesamt und Energieagentur. Danach sollten auch die Bundesländer eingebunden werden, da sie teils für die regionale Umsetzung zuständig sind. Etliche der Vorschläge dürften gehörig ins Geld gehen, Gesamtsummen lassen sich aber noch nicht abschätzen, geht aus dem Bericht hervor.

Die Strategie soll Wege aufzeigen, um etwa den Anteil erneuerbarer Energieträger an der Deckung des Brutto-Endenergiebedarfs bis 2020 von derzeit 23 auf 34 Prozent zu erhöhen. "Dieses Ziel ist äußerst ambitioniert", sagt Mitterlehner. Umweltminister Niki Berlakovich (VP) hält es ebenfalls für "ambitioniert, aber machbar", wie er im VEÖ-Journal sagt. Bei den 34 Prozent werde die Wasserkraft durch weiteren Ausbau und Anlagenoptimierungen einen zusätzlichen Beitrag leisten, so Berlakovich. Auch für Mitterlehner ist klar, dass die Wasserkraft stärker genutzt werden muss, wenn Österreich die EU-Klimaziele erreichen will. Freilich habe Österreich aufgrund der Wasserkraft schon jetzt mit rund 60 Prozent einen viermal so hohen Stromerzeugungsanteil aus Erneuerbaren wie der EU-Durchschnitt.

Parallel zum 34-Prozent-Ziel muss Österreich bis 2020 den CO2-Ausstoß im Nicht-Emissionshandelsbereich gegenüber 2005 um 16 Prozent reduzieren, "also vor allem bei der Raumwärme und beim Verkehr", so Mitterlehner. Wifo-Energie- und -Klimaexperte Stefan Schleicher verweist darauf, dass aktuell (2008) vom heimischen End- und Nutzenergiebedarf immerhin 29 Prozent für Raumheizung und 35 Prozent für "Traktion" (Autoverkehr) verwendet werden. Jede Energiestrategie, die bereit sei, auch die für 2050 absehbaren Niedrigenergie-Strukturen anzudenken, werde hier die ersten und die wirksamsten Potenziale für eine Restrukturierung des Energiesystems identifizieren, so Schleicher in der Publikation.

Offene Fragen

Weiters wird für Schleicher sichtbar, dass sich schon jetzt der energetische Endverbrauch bei unter 1.100 Petajoule (oder 1,1 Mio. Terajoule/TJ) im Jahr zu stabilisieren beginnt - wie dies bis 2020 vorgesehen ist -, "dass aber damit Treibhausgasemissionen verbunden sind, die weit über den EU-Zielwerten für 2020 liegen", so der Energie- und Klimafachmann. Bis Juni muss Österreich der EU-Kommission einen detaillierten Plan vorlegen, wie das Klimapaket verwirklicht werden soll, zu dem auch eine Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent zählt.

Offene Fragen sieht man zur Energiestrategie derzeit vor allem bei der Finanzierung, heißt es im VEÖ-Magazin, die in der Arbeitsgruppe 9 diskutiert wurde. Deren Bericht solle noch im Jänner vorliegen. Tatsache sei aber, dass etliche der vorgeschlagenen Maßnahmen ins Geld gehen: So solle etwa ein Start-up-Programm für Photovoltaik mit rund 570 Mio. Euro bis zum Jahr 2016 zu Buche schlagen, was ab heuer auf jährliche Kosten von rund 81,4 Mio. Euro hinausliefe. Auch aus der Gruppe 5 (Gebäude) kämen Geldwünsche: Etwa 1,1 Mrd. Euro möge die öffentliche Hand "für einen forcierten Einsatz von Solarthermie und Wärmepumpen in Gebäuden und Betrieben" aufbringen, die private Investitionen in Höhe von 9,6 Mrd. Euro auslösen sollten.

Laut Arbeitsgruppe 6 würde Energieberatung für Haushalte und KMU 30 bis 40 Mio. Euro im Jahr kosten. Finanziell wenig konkret seien dagegen die Vorschläge der Gruppe 7 (Energieintensive Unternehmen), die u.a. die Einführung von Energiemanagementsystemen sowie eine forcierte Abwärmenutzung empfiehlt. Gruppe 8 (Mobilität) schlägt vor, bis 2020 rund 250.000 Elektroautos auf die heimischen Straßen zu bringen, was einem Anteil von etwa 5 Prozent entsprechen würde. (APA)