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Die Obama-Pläne sorgten weltweit für Kursverlusten bei Bankaktien. Am Freitag gerieten Banktitel europaweit unter Druck, da viele Börsianer mit einem Nachziehen Europas rechnen, sollten die USA die Handelsregeln für Banken tatsächlich verschärfen.

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Die von US-Präsident Barack Obama geplante Verschärfung der Handelsregeln für Großbanken ist in der US-Regierung offenbar umstritten. Finanzminister Timothy Geithner sei besorgt, dass die Beschränkungen die Wettbewerbsfähigkeit der US-Großbanken gefährden könnte, sagten Personen aus der Finanzbranche. Zudem gehe Geithner nicht davon aus, dass die anvisierten Grenzen für den Banken-Eigenhandel das Problem an der Wurzel packen und künftige Exzesse verhindern könnten. Ein Sprecher Obamas erklärte dagegen, dass Geithner hinter den Vorschlägen des Präsidenten stehe.

Der US-Präsident hatte am Donnerstag angekündigt, risikoreiche Geschäfte zur Gewinnmaximierung von Banken deutlich zu erschweren. Die Banken sollen nicht einmal mehr in Hedge-Fonds und Beteiligungsfirmen investieren dürfen. Die Vorschläge hatte eine Expertenkommission unter Vorsitz des ehemaligen US-Zentralbankchefs Paul Volcker erarbeitet.

Kursverluste bei Bankaktien

Die Pläne sorgten am Freitag europaweit für Kursverluste bei Bankaktien, nachdem bereits am Donnerstag die Wall Street auf Talfahrt war. Obama will vor allem die Investmentbanken an die Kandare nehmen und ihnen beispielsweise den Eigenhandel verbieten. Viele Wall-Street-Banken, aber auch europäische Großbanken wie etwa die Schweizer Credit Suisse haben im vergangenen Jahr einen guten Teil ihres Vorsteuergewinns im Investmentbanking erzielt.

Der Markt geht nun offenbar davon aus, dass diese Ertragsquelle, wenn Obamas Pläne Wirklichkeit werden sollten, nicht mehr so stark sprudelt wie bisher. "Sollten die Pläne umgesetzt werden, würde dies die Ergebnisse der Banken stark beeinflussen. Goldman Sachs zieht zehn Prozent des Gewinns aus dem Eigenhandel. Bei BAC, Morgan Stanley und Citigroup macht er mehr als fünf Prozent aus", sagte ein Schweizer Börsenhändler.

Beobachter rechnen aber ohnedies mit einem Scheitern der Reform. "Es ist unwahrscheinlich, dass das Gesetz durch den Senat kommt", urteilt Simon Johnson, ehemaliger Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF) laut Financial Times Deutschland.

Stiglitz: "Großer Schritt vorwärts"

Der Ökonom und Wirtschaft-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hat die von Obama geplanten Einschnitte für Großbanken  begrüßt. Die Lehre der Finanzkrise von 2008 sei, dass "auch Investmentbanken streng reguliert werden müssen", sagte Stiglitz am Freitag gegenüber Reuters Insider TV. "Wie immer bei Regulierungsfragen steckt auch hier der Teufel im Detail, aber das ist ein großer Schritt vorwärts, wenn man bedenkt, wie die Dinge zuletzt lagen." Obamas Vorschläge seien die Reaktion auf die übertriebene Risikofreude der Branche und die Probleme mit Banken, die zu groß geworden seien, um sie zusammenzubrechen zu lassen.

Obama will unter anderem die Rückkehr zu einer strikten Trennung zwischen dem klassischem Bankgeschäft der Einlagenverwaltung und Kreditvergabe von Kapitalmarktgeschäft und Investmentbanking. Die Vorschläge würden die als "Glass-Steagall Act" bekannten Gesetze wiederbeleben, die zur Zeit der Großen Depression in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts eingeführt wurden. Sie wurden 1999 wieder abgeschafft.

Nach Meinung von Stiglitz ist die wortgetreue Wiedereinführung der Gesetze nicht notwendig. "Aber das Grundkonzept - der Versuch, Interessenskonflikte zu vermeiden, und die Sicherheit, dass die Geschäftsbanken keine zu großen Risiken eingehen - dieses Prinzip ist wichtig."

EU-Kommission zurückhaltend

Von der Brüsseler EU-Kommission sind Obamas Pläne zurückhaltender aufgenommen worden. Eine Sprecherin von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sagte, sie könne die Pläne nicht detailliert kommentieren. Barroso habe aber in der Vergangenheit klar gemacht, dass man nach der Krise nicht einfach zur Tagesordnung übergehen könne. Dies betreffe auch die Banken, sagte die Sprecherin.

Die deutsche Bundesregierung hat hingegen die neue Initiative zur Zähmung der Banken begrüßt. Sie sei ein hilfreicher Impuls für die Reform der Finanzmärkte, betonte das Finanzministerium am Freitag in Berlin. Zugleich wies es darauf hin, dass die Vorschläge vor allem auf das US-Bankensystem abzielten. "Aber wir sind offen dafür, sie auch im Rahmen der internationalen Diskussion bei uns zu würdigen", sagte Ministeriumssprecher Michael Offer. Weiters betonte er aber, dass es zu früh sei, darüber zu spekulieren, ob so weitreichende Schritte auch für Deutschland infrage kämen.

Auch der britische Premierminister Gordon Brown sei sehr zufrieden mit den Vorschlägen, sagte ein Sprecher am Freitag. Wenn Einzelheiten bekannt würden, werde sich Großbritannien damit beschäftigen. Nach der Finanzkrise sei es dringend nötig, die Risiken im Bankensektor besser zu kontrollieren. Jedes Land müsse aber eigene Wege finden, um auf seine Bedingungen zu reagieren.

Ein Vorstoß des schwedischen Finanzminister Anders Borg für die Einführung einer Bankenabgabe nach US-amerikanischen Vorbild in Europa war am Dienstag von den EU-Finanzministern kühl aufgenommen worden. Österreichs Vizekanzler Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) hatte diesbezüglich vor Schnellschüssen gewarnt, sich aber bereiterklärt, diese Frage evaluieren zu lassen.

Keine Freude in Österreich

"Die Vorschläge von Obama mögen für den US-Bankenmarkt notwendig sein, "für die europäischen Verhältnisse schießen sie aber über das Ziel hinaus", meinte Andreas Pangl, Geschäftsführer des Fachverbands der Raiffeisenbanken, am Freitag zur Austria Presse Agentur. In Österreich gebe es nämlich keine milliardenschweren Finanzhaie wie den in Wall-Street-Kinohits durch Michael Douglas verkörperten Bösewicht Gordon Gecko.

Eine stärkere Trennung zwischen Kreditgeschäft und Investmentbanking mache bei der Regulierung aber durchaus Sinn, so Pangl. Da müsse man nämlich jene Geschäfte, die der Finanzierung der Wirtschaft dienen, mehr entlasten. Leider würden die aktuellen Vorschläge aus Basel und Brüssel aber in die entgegengesetzte Richtung gehen, kritisierte der Raiffeisenvertreter.

Wer verlange, dass sich die Größe einer Bank an der Größe ihres Sitzlandes orientieren müsse, reduziere den internationalen Bankenmarkt auf einige wenige Banken. "In kleineren Ländern wie Österreich dürfte es dann keine international tätigen Banken mehr geben", schlussfolgert Pangl: "Dieser Vorschlag würde also den US-Banken im internationalen Wettbewerb letztlich sogar helfen." (APA/red)