Wien - Von der Kritik, mehr noch aber vom Wiener Publikum fühlt sich Burgdirektor Matthias Hartmann "neugierig aufgenommen" . Noch war der Lappen über Othello, der insgesamt 19. Premiere in seiner noch jungen Ära, nicht hochgegangen, da lud der Burgherr in das Kasino am Schwarzenbergplatz zur Um- und Vorschau.
Der dritte Spielort des Burgtheaters soll von nun an variabel bespielt werden: Nach einem Raumkonzept von Bühnenbildner Johannes Schütz werden nach Belieben Bestuhlungsblöcke gebildet. Der Chef selbst möchte sich in Leo Tolstois Monumentalroman Krieg und Frieden inszenierend vertiefen: Die von Roland Schimmmelpfennig eingerichtete Spielfassung heißt Sie werden noch Pferdefleisch fressen!.
Von einem regelrechten Uraufführungstermin will Hartmann aber (noch) nichts wissen; er möchte eine theatralische Erkundungsfahrt vorbereiten, die die Möglichkeit des Scheiterns beinahe zwingend vorsieht. Sein Interesse am Stoff? "Der Roman behandelt einen Zeitenwechsel. Das ist Kopfkino!" Ob er die Schlacht von Borodino im Kasino nachstellen wolle? Hartmann: "Warum nicht?" Einen Premierentermin soll es bei aller Prozesshaftigkeit dann doch geben: im April.
Während Andrea Breth bereits für Bernard-Marie Koltès Quai West probt (angeblich sehr lautstark, Premiere: 6. Februar an der Burg), liefert der Schweizer Niklaus Helbling am 26. des Monats die Uraufführung von Sibylle Bergs Nur Nachts ab (Akademietheater). Stefan Bachmann wird Horváths Geschichten aus dem Wiener Wald herausbringen (mit Birgit Minichmayr als Marianne und Nicholas Ofczarek als Alfred, 16.4., Akademiethater), René Pollesch kommt am 28. Mai (Peking-Opel). Früher Höhepunkt an der Burg: Thomas Vinterberg inszeniert selbst die Fortsetzung des Dogma-Stoffes Das Fest mit dem Titel Das Begräbnis (Uraufführung 6. März, Burgtheater).
Sein Eintreten für die protestierenden Studenten habe ihm, Hartmann, zum Teil unflätige Beschimpfungen eingebracht. Er, der sich über 88 Prozent Burg-Gesamtauslastung freut (bei vielen Schließtagen), möchte den Veränderungselan der Studierenden gerne weitertragen. Dem "geschätzten" Opern-Kollegen Dominique Meyer, der sich über das Missverhältnis in der Bundestheatersubvention beklagt hatte, richtet er "heftigsten Widerspruch" aus. (Ronald Pohl, DER STANDARD/Printausgabe, 23./24.01.2010)