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Cuche: "Als Metzger machst du supergute Würste und bringst Freude. Aber am Ende ist alles futsch."

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Was bleibt, sind die Erfolge, wie jener im Super G auf der Streif.

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Standard: Vor dem Super-G bei der WM in Val d'Isère, in dem Sie Gold gewinnen sollten, hatten Sie geträumt, dass Sie den Rennstart verpassen. Träumen Sie mitunter vom Olympiasieg?
Cuche: Ich träume selten und fast nie vom Skifahren oder von Rennen. Als Junge habe ich ab und zu den Sprung in die Leere gemacht mit Ski. Man springt ab und fliegt und wartet auf die Landung, aber die kommt nie. Aber das ist lange her. Ich schlafe, das ist hart zu sagen, relativ schlecht oder relativ gut. Ich bin nicht einer, der durchgehend schläft. Ich drehe mich manchmal um im Bett.

Standard: Sie werden also nach einem eventuellen Olympiasieg nicht sagen: Davon habe ich immer schon geträumt.
Cuche: Das sind nicht Träume, das sind Wünsche, das sind so Sachen, an die man denkt und die zum Training motivieren.

Standard: Ist es eine Genugtuung für einen Schweizer, dass nun die lange überlegenen Österreicher in der Abfahrt hinterherfahren?
Cuche: Das wäre nicht fair zu sagen, es ist eine Genugtuung, wenn es anderen schlechter geht. Eine Genugtuung ist, dass wir, dass die Schweizer stark sind, dass ich selber bereit bin für große Leistung.

Standard: Bricht jetzt das Zeitalter der Schweizer an, wie es ja schon in den Achtzigerjahren eines gegeben hat?
Cuche: Ich vergleiche die Sachen nicht gerne. Es ist total anders. Es hat schon viele Sprüche gegeben über die Österreicher in Wengen. Schön, dass der Schweizer Skisport erfolgreich ist. Das ist schön für das Land.

Standard: Schauen Sie darauf, mit welcher Gondel Sie auf den Hahnenkamm fahren?
Cuche: Beim Abschlusstraining bin ich mit der Bode-Miller-Gondel hinaufgefahren. Ich lese immer gern von den alten Erfolgen. Vergangenes Jahr wollte es der Zufall, dass ich beim Rennen nur zwei Gondeln auf meine eigene warten musste. Das habe ich getan. Aber mehr als zwei Gondeln warte ich nicht.

Standard: Sie sind heuer vor Roger Federer zum Schweizer Sportler des Jahres gewählt worden. Wie ist das Gefühl, ein großer Star zu sein?
Cuche: Ich fühle mich grundsätzlich als Didier Cuche. Den großen Star empfinden die Leute. Ich werde sicher nicht antworten, dass ich der große Star bin. Ich gehöre zur Schweizer Sportgeschichte und bin stolz, dass ich gewinnen durfte. Nicht nur die sportliche Leistung zählt, es ist auch eine Sympathiewahl durch Medien, Athleten und Publikum, und das Publikum hat entschieden. Stolz bin ich auf meine Leistung, froh bin ich, dass ich so gut ankomme bei den Leuten. Das ist nicht selbstverständlich. Es wird nicht immer die pure Wahrheit über uns geschrieben. Unsere Worte werden nicht immer so wiedergegeben, wie wir sie gesagt haben. Dass ich dennoch gut rüberkomme, das ist eine Genugtuung.

Standard: Sie haben früher einen recht verbissenen Eindruck gemacht. Seit ein paar Jahren wirken Sie entspannt, locker, freundlich.
Cuche: Das ist etwas ganz Natürliches. Das hat jeder Mensch. Wenn es ihm sehr gut geht, dann merkt man das auf einen Blick in die Augen. Seine Körpersprache ist viel lockerer. Mein verbissener Teil war am Start, das haben viele falsch interpretiert. Das ist Routine, um dem Körper zu sagen, dass es losgeht. Ich habe viel experimentiert und Erfahrungen gemacht. Der neue Start nach der Verletzung, der Wechsel zu Head, alles ist zum richtigen Zeitpunkt zusammengekommen.

Standard: Gibt es Situationen, in denen Sie Angst haben auf dem Berg?
Cuche: Angst kommt, wenn man den Verschneider schon hat und man sieht, scheiße, man springt zu weit. Dann kommt der Adrenalinschub. Aber am Start gibt es Respekt, Nervosität, da habe ich in letzter Zeit nicht mehr richtig Angst gehabt. Das wäre auch nicht gut, da ist man irgendwie gelähmt, wenn man Ski fährt.

Standard: Was ist Ihre zweitliebste Beschäftigung?
Cuche: Ich wohne an einem See, ich habe mir vor drei Jahren ein Motorschiff gekauft. Ich surfe die Welle vom Schiff. Das macht Spaß. Und den Leuten, die mich besuchen, macht es auch Spaß.

Standard: Wasserski?
Cuche: Das ist wie Wellenreiten. Zuerst hältst du dich, aber irgendwann, wenn du den Trick hast, kannst du den Strick loslassen und bleibst in der Welle hinter dem Schiff. Das hat hinten einen Wassertank, damit es tiefer liegt und eine größere Welle macht. Du fährst zwei, drei Meter hinter dem Boot und nur 17 km/h, mehr nicht.

Standard: Wie lange werden Sie den Profiskisport noch betreiben?
Cuche: Ich habe immer gesagt, bis 2010 will ich gehen, da werde ich bald 36. Und dann habe ich gesagt, wenn Vancouver geht, kann ich bei der WM 2011 in Garmisch auch. Ich schaue jedes Jahr, wie es mir gesundheitlich geht.

Standard: Sie sind Metzger, lieben Blutwürste. Werde ich irgendwann eine von Didier Cuche produzierte Blutwurst kaufen können?
Cuche: Man soll nie Nein sagen, aber eher nicht. Ich hatte Spaß, habe einen super Beruf gelernt, aber auch superanstrengend. Ich hätte auch Tischler werden können. Ich mag das Holz. Da hat man dann auch das, was man gemacht hat. Als Metzger machst du supergute Würste, weißt, dass du Freude bringst. Aber am Schluss bleibt nichts übrig. Da ist alles futsch, im Bauch und weg.

Standard: Haben Sie sich bei Ihrem Trick im Ziel den Ski schon einmal gegen den Kopf gehaut?
Cuche: Vor zwei Jahren hab ich den Helm erwischt, es gab eine Spur. Es gelingt mir nicht immer, aber immer öfter. Ich übe ja schon lang. (Benno Zelsacher, DER STANDARD, Printausgabe, Samstag, 23. Jänner 2010)