Selten wird man eine neue Steuer finden, die so populär ist wie die nun vorgeschlagene Bankensteuer. Begründet wird die Steuer von ihren Befürwortern damit, dass die Banken für die von ihnen in Anspruch genommene Staatshilfe während der Finanzkrise, die die öffentlichen Haushalte erheblich belastet und aus dem Gleichgewicht gebracht hätte, zahlen und damit einen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten sollen. In den USA heißt die Steuer daher auch bezeichnenderweise "Financial Crisis Responsibility Fee" und ist zeitlich befristet. Nun kann man über die Ursachen für die Krise trefflich diskutieren. Dass die Banken, oder besser: die Bankmanager - dafür allein verantwortlich wären, ist aber ganz sicher nicht aufrechtzuerhalten.
Österreichs Banken zahlen - im Gegensatz zu den US-amerikanischen - Dividenden zwischen 8 % und 9 % für die in Anspruch genommene Kapitalhilfe. Das Kompensationsargument als Begründung für die Bankensteuer ist daher gerade in Österreich nicht plausibel. Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass es sich hier um eine relativ populäre Möglichkeit zur Erhöhung der Staatseinnahmen handelt. Vernünftige Steuerpolitik sollte sich aber nicht an kurzfristiger Popularität, sondern an fiskal- und strukturpolitischen Erfordernissen orientieren. Dazu ist freilich die Bankensteuer kein Beitrag. Im Gegenteil - ihre Einführung würde eine Reihe neuer Probleme schaffen.
Im Zuge der Bekämpfung der aktuellen Finanzkrise war und ist es das Ziel der nationalen und internationalen Wirtschaftspolitik, durch ausreichende Liquidität, mehr und qualitativ hochwertigeres Eigenkapital, bessere Regulierung und vernünftigere Anreizstrukturen das Finanzsystem zu stabilisieren und in den kommenden Jahren sicherer zu machen - und damit auch das stark beeinträchtigte Vertrauen in den Bankensektor wieder zu stärken.
Die Maßnahmen von Politik, Notenbanken und Aufsehern waren bisher durchaus erfolgreich, sind aber noch keineswegs abgeschlossen, wie das vor kurzem vorgelegte Konsultationspapier des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Bankensektors (Basel III) zeigt. Die nun vorgeschlagene Bankensteuer würde diese Bestrebungen konterkarieren, weil sie tendenziell die Möglichkeit verringert, höhere Eigenkapitalpuffer zu bilden. Insbesondere würden die weniger profitablen Banken unter ihr leiden, da die Bankensteuer auf die Bilanzsumme und nicht auf den Gewinn abzielt (Substanzsteuer) und somit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit außer Betracht lässt. Sie tendiert damit dazu, das Bankensystem instabiler zu machen.
Die ganze Widersprüchlichkeit in der Begründung der Steuer wird auch daran ersichtlich, dass einerseits von der Politik und den Notenbanken weiterhin die Inanspruchnahme von staatlichem Kapital in möglichst hohem Maße geraten wird, während andererseits aber damit die Einführung der Steuer gerechtfertigt wird.
Darüber hinaus wäre eine Reihe anderer unerwünschter Effekte absehbar: Klassische kreditvergebende Kommerzbanken wären im Vergleich zu Investmentbanken von der Steuer stärker betroffen. Die für Österreich und Europa so wichtige Unternehmensfinanzierung durch das Bankensystem würde steuerlich stärker belastet als die Kreditvergabe über Anleihenmärkte, die in den USA dominiert. Und nicht zuletzt würde die Steuer Kreditkosten für den Bankkunden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erhöhen.
Wirtschafts- und standortpolitisch besonders unglücklich wäre ein nationaler Alleingang bei der Einführung dieser Steuer. Denn neben den unerfreulichen stabilitäts- und konjunkturpolitischen Auswirkungen würde auch noch die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Österreich und damit eine ganze Reihe von hochqualifizierten Arbeitsplätzen in diesem Sektor in Frage gestellt.
Insgesamt ist zu hoffen, dass sich bald die Auffassung durchsetzt, dass unreflektierte - wenngleich populäre - Steuerexperimente sich nicht dazu eignen, die fraglos vorhandenen Reformnotwendigkeiten und Strukturanpassungen im Finanzsektor zu lösen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24.1.2010)