Wien - Einen besonders "schwarzen" Othello hatte Burgdirektor Matthias Hartmann versprochen. Und wirklich hat sich "Othello"-Regisseur Jan Bosse, ein analytischer Kopf in der Riege der jüngeren Regie-Leistungsträger, nicht gescheut, Joachim Meyerhoff unter Einsatz von gut deckender Körperschminke als "Mohren" plakativ kenntlich zu machen.

Ein Feldherr und Kriegshandwerker wird von seinem Fähnrich (Edgar Selge als Jago) in eine tödliche Eifersuchtsfalle gelockt. Othello, der zudem die Patriziertochter Desdemona (Katharina Lorenz) entführt und heiratet, wird als Außenseiter behandelt und von Jago in seiner Ich-Schwäche obendrein noch bestärkt. Der Intrige liegt klar Rassismus zugrunde: Im Stadtstaat Venedig, wo Galanterie als schöne Kunst gepflogen wird, sticht der unverstellte Charakter Othellos von der Umwelt ab. Zum "Mohren" machen einen nicht Hautpigmente, sondern Diskriminierungspraktiken.

Erster Eindruck zur Pause: Vor einer schwarzen Blechwand (Bühnenbild: Stéphane Laimé) gibt Meyerhoff zunächst den gefährlichen Exoten, der im Boutiquenanzug seine Sache verficht: ein Raubtiermensch von einnehmender Eleganz. Selges Jago nimmt sich gegen ihn wie ein verkommener Künstler des Bösen aus: Mit blitzenden Augen und höhnischer Suada wird ein Außenseiter gefoppt. Packendes Theater: Auf der Müllhalde Zyperns, im Staub und Mulch einer ermüdeten Kriegsgesellschaft, zeigt Bosse eindrucksvoll: Othello, das Zitat des edlen Wilden, wird zu Tode gehetzt. (Ronald Pohl/DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2010)