Silvio Berlusconi droht ein neues Gerichtsverfahren. Seinem Medienkonzern wird vorgeworfen, durch überteuerten Handel mit Filmrechten schwarze Kassen im Ausland angelegt und 34 Millionen Euro hinterzogen zu haben. Zu den zwölf Angeklagten gehören auch Berlusconis Sohn Pier Silvio und Mediaset-Präsident Fedele Confalonieri. Nach Abschluss der Ermittlungen durch die Mailänder Staatsanwaltschaft muss der Richter nun über die Eröffnung des Verfahrens befinden.

Der italienische Premier bezeichnete die Vorwürfe als "völlig haltlos". Gegen Berlusconi laufen in Mailand zwei weitere Prozesse, zu denen er trotz gegenteiliger Ankündigungen bisher nie erschien, mit der Begründung, es handle sich "nicht um Gerichte, sondern um Hinrichtungskommandos".

Justizminister Angelino Alfano kritisierte die neuen Anklagen als "völlig abwegig". Jeder wisse, dass sich Berlusconi längst aus der Führung seines TV-Konzerns zurückgezogen habe und sich ausschließlich den Regierungsgeschäften widme. Kulturminister Sandro Bondi klagte, in Italien sei "jeder Sinn für Gerechtigkeit" verlorengegangen.

Indessen hat sich Kammerpräsident Gianfranco Fini kritisch zur Kürzung der Prozessdauer geäußert. Das vom Senat genehmigte Gesetz könne von der Kammer abgeändert werden. Vorher will Fini jedoch ein brisantes Urteil des Obersten Gerichtshofs mit weitreichenden politischen Folgen abwarten. Am 25. Februar soll über den Einspruch des britischen Anwalts David Mills gegen seine Verurteilung zu viereinhalb Jahren Haft entschieden werden.

Wird Mills' Bestechung durch Berlusconi bestätigt, muss auch der Premier eine Verurteilung fürchten. Bei einer Aufhebung des Urteils hingegen wäre hingegen das laufende Verfahren gegen den Regierungschef hinfällig.

Ex-Gouverneur verurteilt

Auch ein weiterer Spitzenpolitiker hatte am Wochenende Probleme mit der Justiz. Der langjährige sizilianische Gouverneur Totò Cuffaro wurde in Palermo wegen Begünstigung der Mafia zu sieben Jahren Haft verurteilt. Das Gericht verschärfte damit das Strafausmaß aus erster Instanz um zwei Jahre. Cuffaro trat als Vizeparteichef der Christdemokraten zurück und kündigte Einspruch gegen das Urteil an.

Indessen bereitet Italiens Richterbund offenbar eine Protestaktion zur Eröffnung des Gerichtsjahres vor. Viele Richter plädierten dafür, in Roben mit der Verfassung in der Hand vor der Residenz des Staatspräsidenten zu demonstrieren. Der Vorsitzende Luca Palamara warnte die Regierung vor einer Zerschlagung des Justizwesens. Die Reduzierung der Prozessdauer sei eine "Kapitulation des Staates vor der Kriminalität". (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 25.1.2010)