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Grafik: APA

Wien - Mit der Pensionsreform wird es jetzt dann doch ernst. Sozialminister Rudolf Hundstorfer lädt für Dienstagnachmittag die Präsidenten der Sozialpartner-Organisationen zu einer Art Kick-off-Veranstaltung. Die Reform von Hackler- und Schwerarbeiterregelung sowie von der Invaliditätspension soll dann bis Jahresmitte stehen. Vorerst sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber noch ein gutes Stück von einer Verständigung entfernt.

Hacklerregelung ungünstig entwickelt

Der Problemfelder gibt es einige, an der Spitze steht die Hacklerregelung, deren Mehrkosten sich ungünstiger entwickelt haben als erhofft. Derzeit ist es möglich, als Frau mit 55 und als Mann mit 60 abschlagsfrei in den Ruhestand zu treten, wenn man bis dahin 40 bzw. 45 Beitragsjahre aufweisen kann.

Dies wurde vor allem ein Problem, seit durch einen Nationalratsbeschluss im Herbst 2008 auch die Krankengeld-Bezugszeiten angerechnet werden. So sind im Jahr 2009 durchschnittlich 71.124 sogenannte "Hackler"-Pensionen ausgezahlt worden, was einem Plus von rund 8.700 entspricht.

ÖVP will Hacklerregelung auslaufen lassen

Wohl auch deshalb hat die ÖVP mit Parteichef Josef Pröll an der Spitze die Devise ausgegeben, die Hacklerregelung früher als geplant auslaufen zu lassen. Sozialminister Hundstorfer hat hingegen deutlich gemacht, dass sich bis 2013 nichts ändern wird. Allerdings hat auch der Ressortchef quasi den Einstieg in den Ausstieg vor Augen.

Antrittsalter auf 62 anheben

Hundstorfer plant, ab 2014 das Antrittsalter schrittweise auf 57 bzw. 62 anzuheben. Noch dazu ginge man nicht mehr abschlagsfrei in den Ruhestand, auf Perspektive ergäbe sich eine Fusion mit der Korridorpension. Ob das der Arbeitgeber-Seite reicht, bleibt abzuwarten. Wirtschaftskammer-Hauptverhandler Martin Gleitsmann besteht im Gespräch mit der APA auf ein Gesamtkonzept, das insgesamt einen späteren Pensionsantritt zur Folge hat. Dass die Menschen mit 57 oder 58 in Pension gehen, wie das heute üblich sei, könne es langfristig alleine schon aus finanziellen Gründen nicht mehr sein.

ÖGB: 45 Jahre sind genug

Im ÖGB hält man sich noch offen, ob man einer Erhöhung des Antrittsalters auf 62 nahetreten wird. Bisher galt die Devise "45 Jahre sind genug". Ein klares Nein kommt vom Leitenden Sekretär und Chefverhandler in Sachen Pensionen, Bernhard Achitz, aber nicht. Das werde davon abhängen, wie das Gesamtkonzept aussehe und ob dieses eine entsprechende Öffnung für echte Schwerarbeiter biete. Denn die - übrigens im Vergleich zur Hacklerpension deutlich ungünstigere - Schwerarbeiterregelung sei ja selbst etwas invalide.

Hier besteht einmal grundsätzlicher Einklang mit der Wirtschaftskammer. Gleitsmann sieht die Einführung der Schwerarbeiter-Pension bis heute als "krasse Fehlentscheidung", alleine schon, weil diese nicht ins System passe. Eine Weiterentwicklung im Sinne einer Ausweitung, wie diese von Arbeitnehmer-Seite angedacht ist, kommt für ihn keinesfalls in Frage, eher schon eine Abschaffung. Wenn sich ein Gesetz nicht bewährt habe, warum solle man es dann nicht wieder abschaffen, meint der Leiter der Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer.

Streitpunkt Invaliditätspension

Bleibt die Invaliditätspension. Hier hat eine noch unter dem früheren Sozialminister Erwin Buchinger eingesetzte Arbeitsgruppe schon recht konkrete Ergebnisse geliefert. Unbestritten zwischen Achitz und Gleitsmann ist dabei der Grundsatz, künftig einen Anspruch auf Rehabilitation zu verankern. Dies meint jetzt nicht nur eine medizinische Behandlung sondern auch eine berufliche Umorientierung in einen Job, der auch trotz gesundheitlicher Probleme machbar ist. Der ÖGB besteht hier allerdings darauf, dass damit keine finanzielle Nivellierung nach unten verbunden sein darf.

Umstritten ist, was mit den derzeit völlig uneinheitlichen Verweisungsfeldern bei der I-Pension passiert. Während beispielsweise Facharbeiter durch ihren strikten Berufsschutz vergleichsweise leicht Anspruch auf eine Invaliditätspension erhalten, können ungelernte Arbeiter auf praktisch jegliche Arbeit verwiesen werden. Da aber gerade bei erkrankten älteren Arbeitern kaum noch Chancen auf einen Job bestehen, können sie erst wieder keine Beschäftigung finden und müssen in der Arbeitslosigkeit darauf warten, später "normal" in den Ruhestand zu kommen.

Dieser Zustand muss nach Meinung von Hundstorfer und ÖGB geändert werden. Gleitsmann wiederum sieht keinen Grund, warum es überhaupt eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Gruppen - Selbstständige und Bauern bzw. Angestellte haben wieder andere Berufschutz-Regelungen - geben sollte. Die Arbeitnehmer-Seite ist hier skeptisch, befürchtet sie doch, dass die Arbeitgeber in Wahrheit nur eine Aufweichung der vergleichsweise günstigen Facharbeiter-Regelungen anstreben.

Detailfragen offen

Fragen - vor allem in Details - sind also genug offen für die kommenden Monate. Hundstorfer hat am Freitag neuerlich betont, bis Jahresmitte ein Gesamtkonzept haben zu wollen. Sowohl Gleitsmann als auch Achitz bekundeten die Bereitschaft für zügige Arbeit. Ob allerdings wirklich im Juni und damit zwei bis drei Monate vor der Steiermark- und der Wien-Wahl eine Pensionsreform zustande kommt, bleibt abzuwarten. Normalerweise eignen sich Einschnitte in diesem Bereich bloß für wahlfreie Jahre, womit wir dann bei 2011 wären. (APA)