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Prototypische Form: Der Asteroid "243 Ida"

Foto: APA/EPA PHOTO AFPI/NASA/NASA

Cambridge - In Zeiten, da seriös über Asteroiden-Frühwarnsysteme und Möglichkeiten zur Abwehr diskutiert wird, mag es paradox klingen: Aber die vor allem von der Unterhaltungsindustrie gerne als Auslöser globaler Katrastrophen verwendeten Asteroiden sind eigentlich recht fragile Gebilde. Sie müssen nicht einmal selbstzerstörerisch einschlagen: Kommen sie Planeten zu nahe, bleibt bei ihnen buchstäblich kein Stein auf dem anderen - selbst das Gravitationsfeld eines kleinen Planeten wie der Erde reicht aus sie durchzuwalken.

Forscher um Richard P. Binzel vom Massachusetts Institute of Technology berichten in "Nature", wie sie anhand von Spektralanalysen ihre These untermauern, dass das irdische Schwerefeld nicht nur die Bahn, sondern auch die Struktur von Asteroiden beeinflusst. Indiz dafür sind Unterschiede im Spektrum von Asteroiden auf erdnahen Bahnen und der großen Mehrzahl derer, die weiter weg ihre Bahn ziehen - aber auch zwischen dem auf der Erde gefundenen Meteroritenmaterial und den meisten Asteroiden.

Formbar

Die entfernteren Asteroiden weisen nämlich eine schwach rötliche Oberflächenfärbung auf. Verantwortlich dafür ist das "Space Weathering", eine durch den Aufprall von kosmischer Strahlung, Sonnenwind und Mikrometeoriten ausgelöste Form der Erosion, die weniger als eine Million Jahre braucht, um einem Asteroiden das charakteristische Spektrum zu verleihen. "Near-Earth Asteroids" (NEAs) allerdings zeigen sich oft deutlich blasser. Wenn sie aus der gleichen Gesteinsart bestehen wie ein gewöhnlicher Asteroid, muss dies bedeuten, dass ihre Oberfläche nicht der gleichen Erosionsdauer unterworfen war. Konkreter gesagt: Ihre Oberflächen sind "frischer".

Zu beachten ist, dass es sich bei Asteroiden nicht unbedingt - wie früher meist angenommen - um solide Felsblöcke handelt, sondern oft um Ansammlungen von Geröll, die von der schwachen Eigengravitation mehr schlecht als recht zusammengehalten werden. Sie können sich sogar in Einzelbestandteile auflösen und später wieder vereinigen. Das gilt für "Ida 243" (links im Bild), die von einem Mini-Mond umkreist wird, ebenso wie für den unlängst von der "Rosetta"-Sonde fotografierten "2867 Šteins". Die Gravitation eines nahen Planeten zerrt an diesem Material, löst Beben aus und knetet den Asteroiden somit durch. Binzel verglich es in "Science" damit, einen Schneehaufen umzugraben und dabei die dreckig-graue Oberfläche mit dem darunter frisch gebliebenem Schnee zuzuschütten.

Prüfstein "Apophis"

Nicht alle NEAs sehen "frisch" aus. Die Bahnen derer, die es tun, verfolgten Binzel und sein Team zurück, um einen gemeinsamen Faktor zu finden. Dabei stellten sie fest, dass jeder einzelne dieser Asteroiden die Erde in den vergangenen 500.000 Jahren in einer Entfernung von weniger als 100.000 Kilometer passiert hatte - während die mit den üblichen Anzeichen von Weltraum-Erosion in etwa zehnmal größerer Distanz zur Erde geblieben waren.

Die Annäherung des Asteroiden "(99942) Apophis" im Jahr 2029 wird von Astronomen daher auch als Test für diese Hypothese herangezogen werden können. Am 13. April dieses Jahres wird "Apophis" die Erde in einer Entfernung von etwa 30.000 Kilometern (weniger als einem Zehntel des Abstands zwischen Erde und Mond) passieren. Die von ungenauen früheren Berechnungen ausgelösten Ängste vor einem Einschlag konnten inzwischen ausgeräumt werden - statt dessen wird, wenn Binzels These stimmt, "Apophis" selbst die Erdnähe sichtlich erblasst verlassen. (red)