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Die Zulieferbranche ist wie kaum eine zweite zum Krisenopfer geworden.

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Wien - 2009 ging für Europas Autoproduzenten nur dank massiver Hilfestellung durch die öffentliche Hand - Stichwort Abwrackprämie - halbwegs glimpflich zu Ende. Steigender Kostendruck, Überkapazitäten und Un-gewissheit, welches Antriebssystem dereinst den Verbrennungsmotor ablösen wird, erzwingen nach Ansicht von Experten ein komplettes Überdenken bisheriger Geschäftsmodelle. Was sich abzeichnet, ist die Verlagerung der Produktion auch von Prämienautos Richtung Osteuropa und Asien.

"Davon sind auch Österreichs Autozulieferer massiv betroffen", sagte Robert Kremlicka, Österreich-Chef der Unternehmensberatung A.T. Kearney, im Standard-Gespräch. Um weiter im Geschäft zu bleiben, müssten sie ihren Kunden folgen und konsequenterweise auch Forschung und Entwicklung verlagern. Kremlicka: "Auch die Autozulieferer müssen umdenken, viele werden ihren Kunden nach Osteuropa nachfolgen müssen." Was dann noch vom Autocluster in Österreich übrig bleibe, sei schwer abzuschätzen.

Die Autocluster in der Steiermark und Oberösterreich galten viele Jahre als richtungsweisend. Hier konnte man sehen, wie mithilfe der Politik aus eins und eins mehr wurde als nur zwei. Im Vorjahr gab es mitten in der Krise erstmals laute Stimmen, die sich gegen die einseitige Ausrichtung der österreichischen Industriepolitik auf den Autosektor richteten.

Krisenopfer

Tatsächlich ist die Zulieferbranche wie kaum eine zweite zum Krisenopfer geworden. Von den knapp 60.000 Personen, die in Österreich im Vorjahr zeitweise kurzarbeiten mussten, stammten zwei Drittel aus dem automotiven Bereich. Die Branche beschäftigt rund 68.000 Mitarbeiter, die in guten Zeiten rund 18 Mrd. Euro umsetzten. 2009 blieb man deutlich darunter, das Geschäft brach um ein Viertel bis ein Drittel ein.

"Ein Alleinstellungsmerkmal der heimischen Zulieferer ist, dass sie schon bisher gewohnt waren, flexibel auf Auftragsschwankungen zu reagieren", sagte Kremlicka. "Das wird in Zukunft noch in größerem Umfang nötig sein." Der Trend bei Autos gehe immer mehr zu auftragsbezogener Fertigung: Jedes Fahrzeug auf der Produktionsstraße hat faktisch schon seinen Abnehmer. Das erschwert langfristige Planungen bei den Zulieferern enorm. Im Vorteil seien jene, die einen Autobauer tatkräftig unterstützen könnten, auftragsbezogen zu produzieren.

Die Krise treffe Regionen und Hersteller unterschiedlich. Die weltweite Automobilproduktion, die ihren Höhepunkt 2007 mit 99 Millionen Fahrzeugen erreicht hat und im Krisenjahr 2009 auf 88 Millionen Stück eingebrochen ist, steht vor gewaltigen Umbrüchen: Europa wird laut der Studie von A.T. Kearney das Vorkrisenniveau in der Produktion frühestens 2013 erreichen, im Verkauf wahrscheinlich gar erst 2014.

Für die ganz großen Zuwächse im Autobau wird in Zukunft Asien sorgen. Europa wird Nordamerika nur infolge zunehmender Produktionsverlagerung in den Osten des Kontinents deutlicher abhängen können, als dies sonst der Fall wäre. (Günther Strobl, DER STANDARD, Printausgabe, 25.1.2010)