Die Wiener Bälle sollen heuer 315.000 Besucher anziehen, mehr als im Vorjahr. Jeder von ihnen lässt im Getümmel im Schnitt 215 Euro liegen. Die Kriseist anderswo.

Foto: Matthias Cremer
Grafik: STANDARD

Kleine Veranstalter geraten ins Schwitzen, denn Vergnügen ist teuer.

***

Wien - Lambert Hofer trauert dem Faschingsgschnas ein wenig nach. Die kleinen Kostümbälle und Umzüge seien selten geworden, auch viele Unternehmer sparten mit ihren Einladungen zu Festen. Beklagen wolle er sich deswegen jedoch beileibe nicht, sagt er. Das Geschäft mit elitären Bällen laufe nämlich besser denn je: Von einer Krise auf dem Tanzparkett sei keine Spur.

Hofer verleiht Fracks, mehr als 300 hat er im Sortiment. Für 230 Euro ist man dabei, 400 Euro sind für einen noch ungetragenen für eine Nacht auszulegen. Promis und Politiker könne er schließlich nur einen nagelneuen zumuten.

Für den Wiener Opernball zähle er mittlerweile mehr Vorbestellungen als im Vorjahr. Auch die Juristen, Techniker und Philharmoniker hielten sich in dieser Saison mit dem Verleih nicht zurück.

Schmerzlich für ihn sei nur, seine Fracks im Billa-Sackl, verdreckt und mit Resten von bereits Verzehrtem zurückzuerhalten. Diese Klientel gehöre aber einer Minderheit an, wie Hofer versichert.

Tanzen in der Krise

Österreich tanzt und feiert auch in der Krise. Das sei immer so gewesen, ja selbst in den Zwischenkriegsjahren, sinniert Renate Danler, Chefin der Hofburg. Zwanzig Bälle werden rund um Fasching in ihren Prunksälen ausgerichtet, viele davon sind seit Wochen ausverkauft. Bälle gehörten zum Kulturleben dazu, sagt sie. Das gönne man sich, auch wenn beim Drumherum wie Kleidung und Frisör etwas gespart werde. Jene Österreicher, die von Arbeitslosigkeit und Konjunkturflaute am härtesten getroffen werden, tanzten schon bisher kaum auf dem glatten Parkett. Mehr als tausend Bälle gehen in Österreich jährlich über die Bühne. Viel Geschehen verlagert sich von kleinen regionalen Veranstaltungen zu den großen und prominenten, der Aufwand für Werbung steigt ebenso wie die Betriebskosten. Das bringt manchen Organisator ins Schwitzen - die meisten kommen aber auch heuer auf ihre Rechnung. Und nicht nur sie: Im Windschatten der Bälle tummeln sich die Gastronomen und Frisöre, Floristen, Tanzschulen, Textilerzeuger und Kostümverleiher.

Crashkurse und Privatstunden boomen, die Krise habe nichts daran geändert, sagt Karin Lemberger, Präsidentin der drei Dutzend Wiener Tanzschulen. Auch wenn sich die Jugend anders als früher nicht mehr per se zur Tanzstunde schicken lasse, fehle es nicht an Nachwuchs, und der gebe sich natürlich auch dem langsamen Walzer hin. Über den Sommer pausiert wird in den Schulen schon lang nicht mehr: Der Tanz ist zum Ganzjahresgeschäft geworden.

Auch für die gehobene Hotellerie ist die Faschingszeit, sofern die Betriebe nah am Geschehen sind, ein Segen. "Der Opernball und die Bälle der Hofburg werden im Ausland stark beworben. Das bringt für Österreich große Umwegrentabilität und strahlt über die Saison hinaus" , sagt Martin Schick, Obmann der Fachgruppe Hotellerie in der Wirtschaftskammer Wien.

Das Parkhotel Schönbrunn, Teil der zum Verkehrsbüro gehörenden Austria Trend Hotels, beherbergt von Jänner bis März 18 Tanzveranstaltungen. "Bei den bisherigen Bällen bewegten sich die Umsätze auf Vorjahresniveau" , resümiert Gerhard Messinger, Chef der Austria Trend Hotels. "Die Bereitschaft zum Geldausgeben ist nicht kleiner geworden."

Vergnügen für den Fiskus

Für den Fiskus ist der Tanz um den Ball in jedem Fall ein sicheres Geld. Allein die 450 Wiener Bälle fetten die Staatskassen mit gut 1,3 Millionen Euro Vergnügungssteuer auf. An die 280.000 Euro leistet der Opernball, dazu kommen jährlich 340.000 Euro an Umsatzsteuer. Der Gewinn ist Teil des Opernbudgets und soll dem Steuerzahler Subventionen ersparen. Ein Ticket für den Opernball am elften Februar kostet 260 Euro. Eine Karte für den Ärzteball in der Wiener Hofburg, der kommenden Samstag zum 60. Mal ausgetragen wird, kommt auf 85 Euro. Beim Ball der MA 48 (Abfallwirtschaft, Straßenreinigung, Fuhrpark) am 6.3. im Haus der Begegnung Donaustadt ist man schon mit 20 Euro dabei.

315.000 Besucher erwarten die Wiener heuer auf ihren Bällen, um 15.000 mehr als in der vergangenen Saison. Geschätzt 80.000 sollen dafür aus anderen Bundesländern oder dem Ausland anreisen. Die Zahl jener, die gleich auf mehreren Bällen tanzen, geht zwar zurück. Dafür sind vermehrt Personen dabei, die zuletzt pausiert haben, weiß eine Studie der KMU Forschung Austria im Auftrag der Wirtschaftskammer zu berichten.

Wien erwartet ihren Hochrechnungen zufolge eine Gesamtwertschöpfung von 67 Mio. Euro; um drei mehr als im Vorjahr. Im Schnitt lasse sich ein Besucher einen Ball 215 Euro kosten. Der Aufwand für Garderobe samt Schuhen, Kosmetik, Frisör und Taxi liegt bei 110 Euro. 55 Euro gehen für Speis und Trank drauf. (Verena Kainrath, Günther Strobl, DER STANDARD, Printausgabe, 25.1.2010)