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Haitianer beten in einem Park von Port-au-Prince - Bei der Ausgabe von Lebensmitteln kommt es immer wieder zu Rangeleien, UN-Blauhelme geben regelmäßig Warnschüsse in die Luft ab

Foto: AP/Cubillos

Port-au-Prince - Von Cola, Bier und Keksen ernährte sich Wismond Exantus seit 12. Jänner, dem Tag, an dem die Erde in Haiti mit Stärke 7,0 gebebt hat. Exantus war unter dem Tisch eines Lebensmittelgeschäftes des Hotels Napoli eingeschlossen. Am Samstag wurde er gerettet - obwohl die haitianische Regierung die Suche nach Überlebenden bereits offiziell abgebrochen hat.

Der Bedarf an Operationen ist im Bebengebiet nach wie vor sehr groß. Tausenden Menschen wurden Arme oder Beine zerquetscht und müssen amputiert werden. Um die Betroffenen künftig versorgen zu können, müssten lokale Orthopädie-Techniker ausgebildet werden. "Sonst wird Haiti langfristig zum Land der Amputierten", warnt etwa Marcel Baeriswyl, Orthopädie-Fachmann der Johanniter-Unfall-Hilfe.

Prothesen notwendig

Gemeinsam mit anderen Organisationen nehmen die Johanniter in Haiti nach eigenen Angaben etwa 100 Amputationen am Tag vor. Bei zerquetschten Gliedmaßen müsse sofort gehandelt werden, sonst drohten diese zu faulen. Es bestehe ein großer Bedarf an Krücken oder Rollstühlen und Prothesen.

Bei der Ausgabe von Lebensmitteln kommt es nach wie vor zu Problemen. So auch am Samstag: Hunderte Überlebende der Erdbebenkatastrophe hätten zunächst ruhig auf dem Gelände eines ehemaligen Militärflugplatzes in der Hauptstadt Port-au-Prince in Zweierreihen angestanden, um Nahrungsmittel, Wasser und Radiogeräte zu erhalten. Dann habe es kleinere Rangeleien gegeben, schließlich habe sich die Menge auf die zu verteilenden Güter gestürzt. Brasilianische UN-Blauhelme hätten daraufhin Warnschüsse in die Luft abgegeben und Tränengas eingesetzt, berichtete ein Reporter.

Nach dem verheerenden Erdbeben war die Hilfe in dem verarmten Karibikstaat nur schleppend angelaufen. Wie die haitianische Informationsministerin Marie-Laurence Jocelyn Lassègue am Sonntag bekanntgab, dürften bei dem Beben allein im Großraum Port-auPrince mehr als 150.000 Menschen gestorben sein. Rund 200.000 Menschen wurden nach anderen Angaben verletzt, rund eine Million Haitianer sind demzufolge obdachlos.

Adoptionen gestoppt

Tausende Kinder sind zu Waisen geworden. Lassègue sagte, die Regierung habe neue Adoptionen vorerst gestoppt. Nur solche Adoptionen haitianischer Kinder werden erlaubt, die bereits vor dem Beben positiv beschieden waren, sagte Jocelyn Lassègue. Bis auf weiteres würden keine neuen Anträge bearbeitet. Damit will man offenbar den befürchteten Handel mit Kindern unterbinden.

Die Spendengala von George Clooney für die Erdbebenopfer hat bis Sonntag mehr als 40 Millionen Euro eingebracht. Die Spenden würden nicht abreißen, meldete der Nachrichtensender CNN.

Für Sonntagabend war der Start einer österreichischen Hilfslieferung für Haiti vom Flughafen Wien-Schwechat aus - unter anderem mit 400 Familienzelten - geplant. (AFP, dpa, spri/DER STANDARD, Printausgabe, 25.1.2010)