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Grafik: Archiv

Auch wenn viel Fragen der konkreten Implementierung derzeit noch unklar sind, will die österreichische Bundesregierung die umstrittene Vorratsdatenspeicherung schon bald vom Parlament absegnen lassen. Eine Regelung, die einen massiven Eingriff in die Grundrechte der BürgerInnen bedeuten würde, wie sich die Grüne Europaabgeordnete Eva Lichtenberger und ihr Parteikollege Justizsprecher Albert Steinhauser im Rahmen einer Pressekonferenz am Montag überzeugt zeigten.

Überwachung

Immerhin würden durch die Abspeicherung sämtlicher Verbindungsdaten von Internet- und Telekommunikationszugriffen alle BürgerInnen unter eine Art Generalverdacht gestellt. Auch dem Missbrauch würde so Tür und Tor geöffnet, ließen sich mit den Vorratsdaten doch komplette Bewegungs- und Kommunikationsprofile über einzelne Personen erstellen, so der Grüne Justizsprecher.

Forderung

Starke Kritik äußert Steinhauser dabei an der konkreten Vorgehensweise der österreichischen Bundesregierung: Im aktuellen Entwurf fehlen bis jetzt sämtliche Details zu den Rahmenbedingungen, entscheidend vor allem die Frage, was alles unter den recht schwammig formulierten Begriff "schwere Straftaten" fallen soll - immerhin soll eine solche die Bedingung für den Zugriff auf die Vorratsdaten sein. Es sei an der Zeit, dass sich Justizministerin Bandion-Ortner öffentlich zu dieser Frage festlege, um sich dann einer entsprechenden Diskussion zu stellen.

Begrifflichkeiten

Steinhauser selbst befürchtet in dieser Hinsicht jedenfalls eine sehr weitreichende Auslegung: So habe er die Justizministerin unlängst am Rande des Menschenrechtsausschusses zu einer näheren Definition des Begriffs befragt, worauf diese die Grenze bei Straftaten, die mit mehr als einem Jahr Haft bedroht sind, festgemacht habe. Ein Rahmen, der einen äußerst weitreichenden Zugriff für die Behörden zulassen und wohl kaum mit der öffentlichen Wahrnehmung einer "schweren Straftat" korrelieren würde.

Ungehorsam

Die Grünen fordern freilich keine Detailkorrekturen sondern eine vollständige Absage der Regierung zur Vorratsdatenspeicherung, man solle es auf eine Klage ankommen lassen. Diese wäre ein wichtiger Akt des "zivilen Ungehorsams", der zur Folge hätte, dass das Thema vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt werden könne , wodurch man wiederum auf eine neue Diskussion auf europäischer Ebene hofft. Dabei sei wichtig herauszustreichen, dass eine Ablehnung der Umsetzung der Richtlinie keinerlei negative Konsequenzen für Österreich habe, erst wenn man die Richtlinie nach einer theoretischen Verurteilung nicht umsetze, würden Strafzahlungen anstehen, versichert Steinhauser.

Umdenken

Auf die Diskussion auf europäischer Ebene hofft man bei den Grünen auch aufgrund von aktuellen Entwicklungen, ortet Lichtenberger hier doch ein Umdenken der bisherigen Positionen. Bemerkenswert seien dabei vor allem die Befragungen der neuen EU-Kommissarinnen Neelie Kroess und Viviane Reding, deren künftige Agenden die Vorratsdatenspeicherung berühren. So habe etwa Kroess in ihrer Befragung mit der Bemerkung aufhorchen lassen, dass die Data-Retention-Richtlinie - die die Grundlage der lokalen Gesetzgebungen zur Vorratsdatenspeicherung ist - heute wohl kaum mehr so beschlossen würde.

Kippen

Doch auch sonst will Lichtenberger eine höhere Sensibilität bei den anderen Fraktionen im EU-Parlament geortet haben, wo man früher mit Argumenten zum Schutz der Privatsphäre an inhaltliche Wände gelaufen wäre, gebe es nun zunehmendes Interesse. Eine Umsetzung in Österreich wäre zum jetzigen Zeitpunkt aber auch aus einem anderen Grund unsinnig: Immerhin steht in Deutschland in den nächsten Wochen ein höchstgerichtliches Urteil zur Vorratsdatenspeicherung an, wird diese dabei nur teilweise gekippt, könnten dies mittelfristig Auswirkungen auf Österreich haben - und eine neue Anpassung nötig machen. (apo, derStandard.at, 25.01.10)