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Notunterkünfte in Port-au-Prince. Die internationale Staatengemeinschaft beginnt mit der Planung des Wiederaufbaus.

Foto: Reuters/Marco Dormino

Port-au-Prince - Die internationale Staatengemeinschaft hat nach dem Erdbeben in Haiti mit der Planung des Wiederaufbaus begonnen. Die EU-Außenminister kamen am Montag in Brüssel zusammen, um sich vor der für März geplanten internationalen Geberkonferenz für den Karibikstaat auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Österreich kündigte die Aufstockung der Hilfe um weitere zwei Millionen Euro an.

Bisher hatte Österreich 800.000 Euro zugesagt. Finanzminister Josef Pröll und Außenminister Michael Spindelegger wollen bezüglich der weiteren Mittel am Dienstag dem Ministerrat einen Vorschlag unterbreiten. Die Vereinten Nationen haben unterdessen die Entsendung von mehr als 300 Polizeikräften angefragt. Da in Haiti neben Kreolisch auch Französisch gesprochen wird, will vor allem Frankreich Gendarme entsenden. Auch Italien, die Niederlande, Portugal und Spanien haben sich dazu bereiterklärt. Spindelegger schloss eine Beteiligung Österreichs nicht aus.

Verfahren zur Adoption beschleunigen

Die EU-Kommission in Brüssel äußerte sich weiters zu Plänen der spanischen Ratspräsidentschaft, ein beschleunigtes Verfahren zur Adoption von Kindern aus Haiti einzuführen. Man rufe zur "Vorsicht" auf, ein Drängen auf eine schnellere Abwicklung "ist wahrscheinlich nicht die beste Idee", so der Sprecher von EU-Justizkommissar Jacques Barrot, Michele Cercone.

Im kanadischen Montreal berieten am Montag (Ortszeit) Abgesandte von mehr als 20 Staaten, darunter auch US-Außenminister Hillary Clinton und ihr französischer Kollege Bernhard Kouchner zusammen mit dem haitianischen Premier Jean-Max Bellerive über den Wiederaufbau. Boykottiert wurde die Konferenz von Venezuela, Bolivien und Nicaragua, die den USA "neokolonialistisches" Verhalten vorwerfen.

Zahl der Obdachlosen steigt

Die Zahl der Obdachlosen im Katastrophengebiet stieg am Montag weiter an: Das UN-Büro zur Nothilfe-Koordinierung rechnet mit 800.000 bis zu einer Million Betroffenen. Die Zahl der Toten bezifferten die Vereinten Nationen mittlerweile mit 112.250, etwa 194.000 Personen seien verletzt. Erst am Sonntag hatte ein Nachbeben mit der Stärke 4,7 den Karibikstaat heimgesucht. Trotz der schwierigen sanitären Verhältnisse gebe es bisher kaum Berichte über Infektionskrankheiten wie Cholera, Masern oder Röteln.

Die österreichische Caritas-Katastrophenhelferin Sabine Wartha kehrte am Sonntagabend nach ihrem achttägigem Einsatz in die Heimat zurück: "Ich bin schon lange dabei, habe vieles gesehen, aber Haiti war das Deftigste, das ich je erlebt hab", meinte sie im APA-Gespräch. "In den vergangenen Tagen hat sich eine ganz kleine Normalisierung getan: Banken und Geschäfte haben wieder geöffnet, Aufräumarbeiten haben begonnen."

Unruhen bei Lebensmittelverteilung

In Haiti kam es in den vergangenen Tagen mehrfach zu Unruhen bei der Verteilung von Lebensmitteln. Laut Anthony Banbury von der UN-Mission MINUSTAH handelte es sich um kleine Vorfälle, Menschen seien nicht verletzt worden. Er wisse auch nichts über Schüsse, die von begleitenden Soldaten abgegeben worden sein sollen, betonte Banbury.

Das Wichtigste sei nun, die Menschen aus der Hauptstadt Port-au-Prince an Orte zu schaffen, wo sie Zelte, Essen und Wasser bekommen, sagte der aus Haiti stammende Musiker Wyclef Jean am Sonntag. Der 37-Jährige ist seit dem Erdbeben vor knapp zwei Wochen bereits zum zweiten Mal auf Haiti, wo er noch Freunde und Familie hat. Immer mehr Menschen nutzen die kostenlosen Transportmöglichkeiten, um aus Port-au-Prince fortzugehen. Schon 235.000 Einwohner haben nach UN Angaben auf diesem Weg die Hauptstadt verlassen.

Mehr als ein Viertel seien Richtung Norden nach Artibonite gefahren, dem größten der Departements Haitis. Hinzu kämen viele Überlebende, die auf eigene Faust abgereist seien. Hilfsorganisationen bemühen sich, einen Überblick über die Flüchtlinge zu bekommen, um sie auch außerhalb der Hauptstadt versorgen zu können. (APA)