Seit Monaten ist bekannt, dass Johannes Hahn nach Brüssel entsendet wird. Doch bis zum letztmöglichen Zeitpunkt ließ sich ÖVP-Chef Josef Pröll Zeit, jemanden für den Ministerposten zu nominieren. Nun ist es raus: Die ÖAAB-Generalsekretärin und Jus-Professorin Beatrix Karl wird Wissenschaftsministerin. Wenig überraschend, denn von Anfang an hatte sie als Favoritin gegolten. Als logische Nachfolgerin wurde sie partei-intern und - extern gehandelt. Warum sich Pröll so lange Zeit ließ, ist rätselhaft. Möglicherweise hatte der VP-Chef Angst, dass der angehende EU-Kommissar beim Hearing durchfliegt - und wieder auf seinen alten Posten zurückkehren muss.

Seit der Perspektivengruppe habe er Karl favorisiert, sagt Pröll. Doch den Posten angeboten hat er ihr erst vor einer Woche, behauptet er. Auch das ist rätselhaft - die unnötige Geheimnistuerei lässt Spekulationen zu, ob Karl nicht seine erste Wahl war. Dass er der Neo-Ministerin mit dieser Ansage keinen Gefallen tut, hat Pröll wohl nicht bedacht. Wenn er seinen wahlkämpfenden Parteifreunden in der Steiermark mit der Steierin Karl ein "Zuckerl" geben wollte, hat er sie aus den falschen Gründen zur Ministerin erkoren.

Johannes Hahn übergibt Karl kein geordnetes Ressort. Unterfinanzierte Unis und an Geldnot leidende Forschungsprogramme sind kein leichter Start. Von den Uni-Protesten und Hörsaalbesetzungen gar nicht zu sprechen. Mit der späten Ernennung hat Pröll wertvolle Zeit verstreichen lassen. Die Studentenproteste hätten mit einer neuen Ansprechperson richtig angepackt einen anderen Verlauf nehmen können. So haben sie mit einer polizeilichen Räumung des Audimax an der Uni Wien und Arbeitsgruppen im von Hahn eingesetzten Hochschuldialog, der nicht einmal öffentlich ist, geendet. Mit Ergebnissen ist nocht lange nicht zu rechnen. Karl will den Dialog jedenfalls fortsetzen.

Weitere Proteste sind die logische Folge - schon bei Karls Angelobung werden sie losgehen. Noch machen die Fraktionen unter den Studierenden in ihren Reaktionen freundliche Nasenlöcher. Dass sie erbitterte Gegner werden könnten, zeichnet sich in einem Punkt schon ab: Karl will getreu der Parteilinie für die Wiedereinführung der Studiengebühren eintreten. (Marijana Miljkovic, derStandard.at, 25. Jänner 2010)